Meine Meinung zur Canon EOS 5D Mark IV

Ist die Canon EOS 5D Mark IV eine herausragende neue Kamera? Oder doch eher eine große Enttäuschung? Meine Meinung zu Canons neustem Flaggschiff.

Die Beurteilung der Canon EOS 5D Mark IV ist eine sehr subjektive und individuelle Geschichte. Das liegt schlicht und einfach daran, dass es sehr unterschiedliche Typen von Fotografen gibt. Und jeder dieser Typen stellt ganz unterschiedliche Ansprüche an eine Kamera – mal ganz davon abgesehen, dass manche mit der Fotografie ihr Geld verdienen und es für andere nur ein Hobby ist. Da verwundert es im Grunde nicht weiter, dass es sehr unterschiedliche Meinungen zu Kameras im Allgemeinen und insbesondere zu Flaggschiffen wie der Canon EOS 5D Mark IV gibt.

5 Stereotypen in der Welt der Fotografie

Gehen wir doch spaßeshalber mal ein paar dieser unterschiedlichen Typen durch und prüfen (auf eine nicht ganz seriöse Art und Weise) wie diese Typen wohl die 5D Mark IV beurteilen würden:

Der Analoge

Der Analoge vertritt die Ansicht, dass es keine sonderlich gute Kamera braucht, um ein gutes Foto zu schießen. Neue Kameras sind zu teuer und haben viel zu viel Schnickschnack zu bieten, den man eigentlich gar nich benötigt.

Meinung zur 5D Mark IV: „Wer braucht sowas?“

Der Technikbegeisterte

Der Technikbegeisterte ist stets auf der Suche nach Innovationen. Er liebt neue Technik, neue Möglichkeiten und erwartet, dass neue High-End-Kameras etwas Aufregendes zu bieten haben und sich von der Konkurrenz abheben – und zwar deutlich!

Meinung zur 5D Mark IV: „Nicht genug Innovationen, nicht fortschrittlich genug – die ist nichts für mich.“

Der Nörgler

Der Nörgler hat immer irgendetwas auszusetzen. Kameras sind entweder zu teuer, bringen zu viele unnötige Funktionen mit oder sind nicht innovativ genug. Oder sie sehen einfach nur doof aus.

Meinung zur 5D Mark IV: „Viel zu teuer, außerdem zu wenige Innovationen.“

Der Profi

Der Profi analysiert nüchtern, welche Spezifikationen und Merkmale einer Kamera für ihn persönlich wichtig sind. Wenn die Kamera in den für ihn wichtigen Punkten sehr gut abschneidet, wird sie gekauft.

Meinung zur 5D Mark IV: „Nicht perfekt, aber sieht nach einem sehr guten Allrounder aus. Könnte etwas für mich sein.“

Der Canon Fan

Der Canon Fan hat tausende Bilder mit seiner alten Mark III geschossen und war immer absolut zufrieden mit den Canon Produkten. Über ein paar Schwächen sieht er bei seinem Hersteller deshalb gerne hinweg.

Meinung zur 5D Mark IV: „Shut up and take my money!“

Die Bewertung einer Kamera ist meist subjektiv

Ja, ich übertreibe vielleicht ein wenig und bediene das ein oder andere Klischee. Doch was ich sagen will wird glaube ich deutlich: Jeder Fotograf stellt andere Ansprüche an eine Kamera. Und letztendlich hat jeder das Recht, seine eigene Meinung zu vertreten. Niemand hat hier Recht oder Unrecht, keiner dieser Stereotypen ist „gut“ oder „schlecht“, denn wie ich bereits erwähnt habe: Die Antwort auf die Frage, ob eine neue Kamera für die eigene Person interessant ist oder nicht, ist eine sehr subjektive Geschichte.

Wenn ich persönlich eine Kamera beurteile, versuche ich eigentlich immer so objektiv wie möglich zu sein und mich in jeden der beschriebenen Typen ein bisschen hineinzuversetzen. Das gelingt natürlich nicht zu 100 Prozent, aber ich gebe mir Mühe. Am wenigsten bin ich wahrscheinlich der „Analoge“, dafür steckt ein bisschen was vom „Technikbegeisterten“ in mir. Liegt ja auch irgendwie nahe – schließlich betreibe ich hier eine Seite, in der es um neue Kameras und aktuelle sowie zukünftige Technik geht.

Keine neuen Speicherkarten für die 5D Mark IV. Canon verzichtet auf CFast und UHS-II. | Quelle Bild: Canon

Was mir an der 5D Mark IV nicht gefällt

Veraltete Speicherkarten

Ich beginne gleich mal damit, was mir an der Canon EOS 5D Mark IV nicht gefällt. Hier sollte ich vielleicht vorausschieben, was ich persönlich von einer neuen High-End-Kamera erwarte. Im Grunde ist meine Erwartung relativ simpel: Ich wünsche mir, dass eine neue Kamera auf dem aktuellen Stand der Technik ist. Das wünsche ich mir vor allem vor dem Hintergrund, dass ich eine Kamera wie die 5D Mark IV auch einige Jahre lang nutzen wollen würde. Und wenn die Kamera zum Zeitpunkt der Präsentation in einigen Punkten schon deutlich veraltet ist, dann ärgert mich das.

Wer meinen Artikel „Die größte Enttäuschung der Canon EOS 5D Mark IV“ gelesen hat, der weiß sicher schon, worauf ich hier abziele: Canon setzt bei den Speicherkarten der 5D Mark IV nicht auf einen schnellen CFast-Slot und unterstützt auch keine UHS-II Speicherkarten. Hier ist die 5D Mark IV also nicht so schnell unterwegs, wie sie es sein könnte – und das schadet unter anderem der Serienbildgeschwindigkeit.

Schlecht umgesetzte 4K-Videos

Was mir ebenfalls nicht gefällt sind die 4K-Videos. Natürlich nicht die 4K-Videos an sich, sondern vielmehr die Art und Weise, wie Canon diese umgesetzt hat.

Nehmen wir zum Beispiel die Größe der 4K-Videos. Wer ein 4K-Video mit einer Länge von einer Stunde aufnehmen möchte, muss mit einer Datei-Größe von 226 GB rechnen. 226 GB! Nimmt man ein ebenso langes 4K-Video mit einer Kamera der Sony A7 Serie oder eine Panasonic GH4 auf, erhält man eine etwa 40 GB große Datei. Das ist schon ein enormer Unterschied. Und nein, die Qualität der Videos ist bei der 5D Mark IV nicht um ein vielfaches besser als bei den anderen Kameras. Die Dateien sind nur einfach größer. Wer viel mit Videos arbeitet muss sich also auf enorme Datenmengen einstellen. Auch hier wären schnellere Speicherkarten definitiv von Vorteil gewesen.

Des Weiteren finde ich es enttäuschend, dass bei 4K-Videos lediglich rund 25 Prozent des Sensors genutzt werden. Dadurch ergibt sich ein Crop-Faktor von 1.75, was wiederum bedeutet, dass mit der Canon EOS 5D Mark IV Weitwinkelaufnahmen fast unmöglich sind.

Sowohl in Sachen Speicherkarten als auch in Sachen 4K-Videos habe ich das Gefühl, dass die 5D Mark IV nicht auf dem aktuellen technischen Stand ist und dass Canon das ziemlich einfach hätte ändern können. Hier wurde meine Erwartung also nicht erfüllt.

Ich bin mir aber natürlich im Klaren darüber, dass viele Fotografen über beide Punkte in der Praxis ganz gut hinwegsehen können. Und wer wahnsinnig viel mit Videos arbeitet wird sich eh eine DSLM oder einen Camcorder zulegen, messen wir den Video-Funktionen der 5D Mark IV also mal nicht zu viel Bedeutung bei. Die Kritik ist in meinen Augen aber durchaus berechtigt, denn man muss immer im Hinterkopf behalten, dass Kameras wie die 5D Mark II oder auch die 5D Mark III in der Video-Szene Maßstäbe gesetzt haben! Das schafft Canon bei der 5D Mark IV leider nicht mehr.

Einordnung von Bildqualität und Autofokus

Insgesamt sind Dinge wie Bildqualität oder Autofokus für die meisten die wichtigsten Faktoren bei einer Kamera. So richtig final beurteilen kann man die Bildqualität der Canon EOS 5D Mark IV zwar noch nicht, doch mein erster Eindruck anhand der ersten Testergebnisse (siehe Artikel: „Canon EOS 5D Mark IV: Die Tests zum Dynamikumfang sind da“ und „Canon EOS 5D Mark IV: Wie gut ist die Bildqualität?„) sieht folgendermaßen aus:

  • Deutliche Verbesserungen im High-ISO-Bereich
  • Verbesserungen in Sachen Dynamikumfang
  • Im Vergleich zu anderen Kameras zu wenig Schärfe und Details

Ja, mit dem Sensor der EOS 5D Mark IV macht Canon einen großen Schritt nach vorne. So richtig beeindruckt kann man von der Bildqualität aber nicht sein, wenn man Vergleiche mit der Canon EOS 5DS R, der Nikon D810, Sony A7r II oder der Pentax K-1 anstellt. Die Pentax K-1 gefällt mir persönlich was die Bildqualität angeht im Übrigen immer besser. Vor allem eben für den Hintergrund, dass sie gerade mal 2.000 Euro kostet!

Ich würde in Sachen Bildqualität also zu folgendem Fazit kommen wollen: Die Canon EOS 5D Mark IV hat eine sehr gute Bildqualität zu bieten, die für 97 Prozent aller Fotografen absolut ausreichend ist. Wer auf der Suche nach der besten Bildqualität ist, findet aber bessere Produkte auf dem Markt. Hier hat es Canon verpasst, sich an die Spitze zu setzen. Man hat lediglich ein wenig Boden gut gemacht.

In Sachen Autofokus gibt es nicht viel zu sagen. Hier dürfte die Canon EOS 5D Mark IV herausragend abschneiden, man kann hier also mehr als zufrieden sein. Auch wenn der Autofokus auf dem Papier nicht übermäßig spektakulär aussieht. Aber hier kommt es definitiv darauf an, wie der Kamera in der Praxis abschneidet.

Kameras wie die Canon EOS 5D Mark II und die Mark III waren unter anderem bei Videographen sehr beliebt.

Preis: Gerechtfertigt oder zu teuer?

Ja, ich finde die Canon EOS 5D Mark IV ist zu teuer. Doch ich befürchte, dass wir in der gesamten Branche in den nächsten Monaten und Jahren einen Preisanstieg erleben werden. Das mag vielleicht nicht auf alle Hersteller zutreffen, doch Unternehmen wie Canon und Sony haben die Preise bereits deutlich angezogen. In ein oder zwei Jahren werden Preise wie die der Canon EOS 5D Mark IV also möglicherweise normal sein. Und dann wird man eventuell auch die 4.065 Euro, die Canon für die 5D Mark IV aufruft, nicht mehr als allzu überteuert empfinden.

Ich bin ein sehr sportbegeisterter Mensch und verfolge zum Beispiel die Geschehnisse in der NBA, der nordamerikanischen Basketball-Profiliga. Als ich über den Preis der 5D Mark IV nachgedacht habe, musste ich unter anderem daran denken, dass Tristan Thompson, ein Spieler der Cleveland Cavaliers, im letzten Jahr einen neuen Vertrag unterschieben hat, den die allermeisten als viel zu teuer bezeichnet haben. 82 Millionen sollte Thompson innerhalb von 5 Jahren verdienen. Das ist ein unglaublich hoher Preis für einen Spieler wie Thompson, der zwar gut, aber keineswegs herausragend ist.

Dieser Vertrag wurde im Sommer 2015 vergeben. Heute, ungefähr ein Jahr später, muss man feststellen, dass Cleveland eigentlich einen guten Deal gemacht hat. Denn inzwischen sind in der NBA aufgrund von steigenden Einnahmen solch hochdotierte Verträge für „gute“ Spieler keine Seltenheit mehr, ganz im Gegenteil.

Was ich damit sagen will: Heute ist die Canon EOS 5D Mark IV im direkten Vergleich mit anderen Kameras zu teuer. In zwei Jahren ist sie es möglicherweise nicht mehr.

Fazit

Kommen wir zum Fazit. Wenn ich mir jetzt die ganzen Infos und die ersten Testergebnisse zur Canon EOS 5D Mark IV anschaue, dann verspüre ich (wenn ich ehrlich bin) keine große Begeisterung. Die Kamera löst in mir nicht dieses „Haben-Will-Gefühl“ aus und ich empfinde auch keine große Aufregung, wie ich sie bei den Präsentationen anderer Neuheiten hin und wieder verspüre.

Mir fehlt hier irgendwie das eine oder andere Highlight. Ich hatte Hoffnungen, dass die Dual-Pixel-RAWs vielleicht dieses Highlight sein könnten. Den ersten Tests zufolge wird das wohl aber nicht der Fall sein (siehe Artikel: „Canon EOS 5D Mark IV: Dual-Pixel-RAWs wohl große Enttäuschung„). Canon hat mit den Kameras der 5D-Serie oft Maßstäbe gesetzt, mit der 5D Mark IV gelingt das jetzt nicht mehr. Das ist zumindest mein erster Eindruck. Man hält zwar mit der Konkurrenz mit und schließt auf, doch nehmen wir mal an, dass Canon den Nachfolger der Mark IV wieder erst in mehr als vier Jahren präsentieren wird – dann sind Sony und Co. bis dahin deutlich davongezogen.

Wer große Innovationen erwartet hat, wird von der Canon EOS 5D Mark IV also definitiv enttäuscht sein. Klar, die Erwartungshaltung war natürlich auch sehr hoch, doch daran ist Canon ja gewissermaßen selbst „Schuld“ – hätten sie mal in der Vergangenheit nicht so erstklassige und fortschrittliche Kameras präsentiert. 😉

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Die Canon EOS 5D Mark IV haut mich also nicht vom Hocker. Doch gleichzeitig bin ich mir ziemlich sicher, dass wir es hier mit einer sehr guten Kamera zu tun haben. Nicht sehr gut im Sinne von „sie wird Maßstäbe setzen“. Eher sehr gut im Sinne von „absolut solide und zuverlässig“. Canon liefert hier ein erstklassiges Gesamtpaket ohne große Schwächen, was die Kamera sicherlich für Profis oder Fotografen, die bereits zahlreiche Canon Objektive besitzen, sehr interessant macht!

Kommen wir nochmal kurz auf die eingangs beschriebenen Stereotypen zurück. Der „Technikbegeisterte“ sieht sich nach der Präsentation der 5D Mark IV vielleicht darin bestätigt, dass er zur Sony A7r II greifen sollte. Für den „Profi“, der in den letzten vier Jahren mit der 5D Mark III gearbeitet hat, kommt die A7r II allerdings nicht in Frage – kein Dual-SD-Slot und eine viel zu kurze Akkulaufzeit. Das sind für ihn wichtige Faktoren. Da reißt es auch die minimal bessere Bildqualität der A7r II nicht heraus, die in der Praxis oftmals gar nicht relevant wird. Fazit: Er greift zur 5D Mark IV, die vielleicht keine bahnbrechende Neuheit ist, aber die einfach komplett wirkt. Ein klassisches Arbeitstier, wie man es von Canon gewohnt ist.

Jeder muss also für sich selbst entscheiden, ob die Canon EOS 5D Mark IV zu den eigenen Anforderungen passt oder nicht.

Mark Göpferich

Gründer von Photografix, der sich seit vielen Jahren immer wieder aufs Neue von Fotografie und Kameras begeistern lässt. Mit mehr als 4.000 Artikeln hier auf Photografix inzwischen so etwas wie ein Experte für neue Kameras.