Was mir an der Sony A9 überhaupt nicht gefällt

In meinen Augen ist die Sony A9 eine hervorragende Kamera, doch eine Sache stört mich ungemein an Sonys neuem Flaggschiff.

Die Sony A9 polarisiert

In den letzten Tagen haben wir viel über die neue Sony A9 berichtet. Wir haben uns alle technischen Daten ausführlich angeschaut, haben die Kamera grob mit der Konkurrenz verglichen und erste Tests und Erfahrungsberichte zusammengefasst. Ich selbst konnte die Sony A9 leider noch nicht ausprobieren, habe mich aber inzwischen viele viele Stunden mit Sonys neustem Flaggschiff beschäftigt und habe mir dementsprechend auch schon eine erste Meinung gebildet.

Rein aus technischer Sicht ist die Sony A9 meiner Meinung nach eine herausragende Kamera. Wie erfolgreich sie letztendlich sein wird, das muss man natürlich abwarten. Sony hat großen Nachholbedarf im Objektivbereich, das kann man nicht oft genug betonen. Außerdem ist einigen Fotografen das Gehäuse zu klein, was sicherlich ein berechtigter Einwand, aber irgendwie auch Geschmackssache ist. Für andere wäre es ein zu großer finanzieller Aufwand, alle Objektive und Kameras zu verkaufen und zur Sony A9 zu wechseln.

Ich bin kein Profifotograf, komme mit den Bodys der A7 Serie prinzipiell gut zurecht und habe nicht tausende von Euro in eine andere Kameramarke investiert – auf diese Punkte will ich also nicht hinaus, wenn ich sage, dass mich etwas an der Sony A9 ungemein stört.

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Wenn Hersteller Potenzial verschenken

Wer die Artikel hier auf Photografix schon etwas länger verfolgt, der weiß, dass ich generell erwarte, dass ein Hersteller aus einer neuen Kamera das Bestmögliche heraus holt. Deshalb hat mir damals bei der Fujifilm X-Pro2 beispielsweise überhaupt nicht gefallen, dass Fuji einfach 4K-Videos weggelassen hat, auch wenn man sie gewissermaßen mit einem Knopfdruck hätte implementieren können.

Fujifilm hat später selbst erklärt, dass man 4K theoretisch einfach per Firmwareupdate ergänzen könnte. Aber man wollte das nicht. Warum man das nicht wollte, habe ich bis heute nicht so richtig verstanden. Okay, viele X-Pro2 Nutzer brauchen keine 4K-Videos. Einverstanden. Doch einige wenige hätten sich sicherlich darüber gefreut und alle anderen sollten sich ja eigentlich nicht daran stören, wenn die X-Pro2 kostenlos bzw. ohne finanziellen Mehraufwand bessere Videofunktionen zu bieten hätte, selbst wenn man diese Videofunktionen selbst nicht nutzt.

Die Sony A9 ist schlechter als sie es sein könnte

Bei der Sony A9 ist es ganz ähnlich. Sony macht die Kamera ganz bewusst schlechter, als sie es eigentlich sein könnte. Der Hersteller hat nämlich Dinge wie S-Log und Picture Profiles im Videobereich gestrichen. Zahlreiche deutlich günstigere Sony Kameras können mit diesen erstklassigen Funktionen, die zahlreiche Videographen schätzen und lieben gelernt haben, aufwarten. Doch die Sony A9 soll in erster Linie als Fotokamera für Profis verkauft werden. Und mit Dingen wie S-Log wäre sie gleichzeitig eine zu gute Videokamera, sodass Sony (so vermute ich) Einbußen bei den Profi-Videokameras befürchten würde.

Ich weiß ich weiß, einige von euch würden bei ihren Kameras am liebsten komplett auf Videofunktionen verzichten. Braucht doch keiner. Soll man sich doch eine Videokamera kaufen, wenn man Videos aufnehmen will. So läuft das aber im Jahr 2017 nicht mehr. Die Hersteller setzen nicht mehr separat auf Telefone, Radios, mobile Computer, Videokameras, Diktiergeräte, Fotokameras und, und, und – sie verkaufen Smartphones. Man erhält alle Funktionen in einem einzigen Gerät. Genauso kann man mit „Fotokameras“ nun eben auch Videos aufnehmen. Das muss so akzeptiert werden und wird sich in den nächsten Jahren auch nicht ändern.

Sony schaltet im Videobereich bewusst einen Gang runter, ähnlich wie Canon das schon seit einiger Zeit macht.

Ich kann verstehen, dass jemand, der absolut keine Videofunktionen braucht, gerne eine reine Fotokamera zum günstigeren Preis kaufen würde. Doch um zurück zur Sony A9 zu kommen: Die A9 ist nicht billiger, weil da jetzt S-Log und Picture Profiles fehlen. Das ist für Sony ein Knopfdruck, es macht finanziell überhaupt keinen Unterschied. Der einzige Unterschied ist der, dass die Sony A9 im Videobereich absichtlich schlechter gemacht wird, als sie es sein könnte, damit man als Videoprofi unter Umständen gezwungen ist, zusätzliche Geräte zu kaufen! Und das ist meiner Meinung nach ein Unding.

Doch der Schuss könnte für Sony nach hinten losgehen. Die A9 wird es in diesem hohen Preissegment sowieso schon nicht einfach haben, die Schwächen des Sony Systems habe ich eingangs ja schon erwähnt. Und als professioneller Videograph würde ich persönlich vielleicht schon aus Prinzip einen Bogen um die A9 machen. Ich finde das unmöglich und denke nicht, dass sich Sony das als „Verfolger“ der großen und etablierten Hersteller erlauben kann. Doch vielleicht ist der Aufschrei der Community ja so groß, dass Sony mit einem Firmwareupdate nachbessern wird. Warten wir es ab.

Mark Göpferich

Gründer von Photografix, der sich seit vielen Jahren immer wieder aufs Neue von Fotografie und Kameras begeistern lässt. Mit mehr als 4.000 Artikeln hier auf Photografix inzwischen so etwas wie ein Experte für neue Kameras.