Der Deutsche Fotorat hat seine Kritik an KI-Bildgeneratoren drastischer ausformuliert und fordert acht konkrete Maßnahmen zum Schutz von Urheberrechten.
Der Deutsche Fotorat hat seine Position zu generativer Künstlicher Intelligenz deutlich verschärft und acht konkrete Forderungen zum Schutz von Urheberrechten formuliert. Die neue Stellungnahme geht weit über die bereits im April 2023 veröffentlichte Position hinaus und kritisiert die aktuellen EU-Regelungen als “enttäuschend”. Der Deutsche Fotorat ist ein Dachverband mehrerer Institutionen wie der Gesellschaft für Naturfotografie (GDT), Freelens oder der VG Bild-Kunst und zählt nach eigenen Angaben aktuell 47 Mitglieder.
Während der Fotorat 2023 noch grundsätzlich offen gegenüber neuen Bildtechnologien war und KI-Generatoren als “Erweiterung des kreativen Spektrums” betrachtete, sieht er nun einen “fundamentalen Konflikt zwischen dem Schutz geistigen Eigentums und dem grenzenlosen Datenhunger der KI-Entwickler”. Die Organisation kritisiert scharf, dass Industrievertreter keinerlei Interesse zeigen, Kreative an den Umsätzen ihrer Plattformen zu beteiligen.
Besonders kritisch bewertet der Fotorat die jüngsten Entwicklungen rund um die EU-KI-Verordnung. Während der im Juli veröffentlichte “Code of Practice” die Einhaltung der Regeln erleichtern soll, wird die darin von der EU-Kommission vorgelegte Vorlage (Template) für die Auskünfte der Firmen als “komplett unzureichend” kritisiert.
Zudem kritisiert die Organisation das Beteiligungsverfahren als undemokratisch: Über 60 Prozent der Teilnehmer stammten aus der Industrie, während Vertreter von Rechteinhabern nur etwa ein Zehntel ausmachten. Die Leitenden der Arbeitsgruppen kamen zu einem großen Teil von US-amerikanischen Forschungseinrichtungen mit engen Verbindungen zu KI-Anbietern.
Die neuen Forderungen gehen deutlich über die ursprünglichen Positionen hinaus und umfassen folgende Punkte:
1. Geistiges Eigentum muss beim KI-Training gesetzlich geschützt sein
2. KI-Unternehmen müssen Kreative angemessen vergüten
3. KI-Training darf nur mit aktiver Zustimmung der Urheber:innen erfolgen
4. KI-Training muss transparent stattfinden
5. Urheberinformationen dürfen nicht gelöscht werden
6. Der Unterschied zwischen authentischer Fotografie und KI-Bildern muss erkennbar bleiben
7. Die Rechte von Urheber:innen dürfen keine Verhandlungsmasse sein
8. Europäische Regulierungsverfahren müssen transparent und demokratisch geführt werden
Der Fotorat verlangt eine gesetzliche Klarstellung, dass kommerzielles KI-Training nicht von den sogenannten Text- und Data-Mining-Regelungen (TDM) gedeckt ist. Diese Regelungen seien ursprünglich für Forschungszwecke gedacht gewesen, etwa für die Analyse medizinischer Daten, nicht für die Entwicklung kommerzieller KI-Systeme mit Milliardenumsätzen.
Ein zentraler Kritikpunkt ist die Praxis, dass kleine Firmen oder gemeinnützige Vereine das Erstellen enormer Datensammlungen übernehmen, die dann von großen Tech-Konzernen genutzt werden. Der neue Code of Practice billige diese Praxis und entbinde die Konzerne weitgehend von der Verantwortung, die Rechtmäßigkeit der Datensätze zu überprüfen.
Die Organisation fordert eine angemessene Vergütung für Kreative – sowohl für die Nutzung von Werken beim KI-Training als auch für den Output der KI-Generatoren. Alle Urheber, deren Werke bisher ohne ihr Wissen als Trainingsmaterial ausgebeutet wurden, müssten entschädigt werden. Eine amnestieähnliche Lösung für bereits am Markt aktive Modelle, wie sie von der EU-Kommission erwogen werde, lehnt der Fotorat ab.
Statt der bisherigen Opt-Out-Regelungen fordert der Fotorat ein Opt-In-Verfahren: KI-Training mit Werken solle nur mit ausdrücklicher Erlaubnis der Rechteinhaber zulässig sein. KI-Unternehmen müssten ihre Trainingsquellen vollständig und werkgenau offenlegen. Der Fotorat weist darauf hin, dass dies technisch möglich sei – schließlich seien auch die umstrittenen Datensammlungen des LAION e.V. mit fast sechs Milliarden Bildern öffentlich einsehbar. Ganz spannend: Der Fotograf und Blogger Robert Kneschke hatte sich bereits mit LAION vor Gericht gestritten.
Falls ihr mal checken wollt, ob Fotos von euch in einem der großen KI-Trainingsdatensätze auftauchen, die von ChatGPT, Midjourney und Co. genutzt werden, kann ich euch die Webseite haveibeentrained.com (aktuell wohl Wartungsarbeiten) sehr ans Herz legen. Mir sind nur die Bildgeneratoren von Adobe und Shutterstock bekannt, die auf lizenziertes Trainingsmaterial zurückgreifen.
Besonders deutlich wird der Fotorat bei der Forderung nach Kennzeichnung: KI-generierte Bilder müssen als solche erkennbar sein, während authentische Fotografien verifizierbar bleiben sollen. Die Organisation warnt eindringlich vor den demokratiegefährdenden Auswirkungen nicht unterscheidbarer KI-Bilder (passend dazu hat Google übrigens erst die Tage ein neues KI-Bildmodell vorgestellt, das Manipulationen erschreckend einfach macht). Artikel 50 der europäischen KI-Verordnung fordere zwar ab August 2026 eine Kennzeichnung KI-generierter Inhalte, doch sei völlig unklar, wie diese in der Praxis umgesetzt werden soll.
Während in der Stellungnahme von 2023 noch die Hoffnung auf schnelle juristische Klärungen bestand, zeigt sich der Fotorat nun pessimistischer. Immer mehr Juristen äußerten Zweifel daran, dass das Training generativer KI überhaupt durch die bestehenden TDM-Regelungen gedeckt sei. Die bestehenden rechtlichen Unklarheiten führten zu jahrelangen juristischen Auseinandersetzungen, bei denen stets die Urheber in langwierigen und kostenintensiven Einzelfallentscheidungen für ihre Rechte kämpfen müssten.
Der Fotorat warnt auch vor politischen Risiken: Die Gefahr sei groß, dass Urheberrechte beim Ringen um Handelsabkommen – insbesondere mit der konfrontativen US-Regierung – als Verhandlungsmasse eingesetzt werden könnten. Die Verschärfung der Position zeigt, wie sich die Fronten zwischen Kreativen und KI-Industrie verhärtet haben und wie dringend klare gesetzliche Regelungen benötigt werden.