KI-Kennzeichnungen fügen sich immer mehr in unseren Alltag ein. Wir haben aber immer noch einen langen Weg vor uns, bis sie uns wirklich helfen.
Für eine sichere Zukunft?
In Zeiten von KI-generierten Bildern und immer ausgefeilterer Bildbearbeitung wird es zunehmend schwieriger, die Echtheit von Fotos zu beurteilen – das gilt meiner Erfahrung nach für ungeschulte wie für geschulte Augen gleichermaßen. Adobe, trotz anhaltender Kritik unangefochtener Branchenriese der Kreativ-Software, geht nun einen wichtigen Schritt, um Vertrauen in digitale Bilder zurückzugewinnen. Mit der schrittweisen Einführung der Content Credentials in Photoshop, Lightroom und Camera Raw sollen Bearbeitungen transparent und nachvollziehbar werden.
Das Konzept basiert auf dem C2PA-Standard der Content Authenticity Initiative (CAI), zu denen mittlerweile so gut wie alle großen Unternehmen der Digital- und Kamera-Branche gehören. Adobe war sogar eines der ersten Mitglieder. Ziel ist es, Informationen über Bildherkunft, Bearbeitungsschritte und KI-Einsatz direkt in die Bilddatei einzubetten und/oder in einer Datenbank zu hinterlegen. So können Betrachter oder Weiterverarbeiter wie Redakteure jederzeit die Authentizität eines Fotos überprüfen.
Das große Ziel für die Zukunft: Schon beim Auslösen der Kamera sollen Content Credentials erstellt und kryptografisch abgesichert werden. So ließe sich die komplette Historie vom Original bis zum finalen Bild nachvollziehen – inklusive KI-Einsatz. Eine der wenigen erhältlichen Kameras, die von Haus aus so einen Mechanismus mitbringt, ist die Leica M11-P. Die neuere SL3 besitzt ihn hingegen nicht.
Unterschiedliche Stadien der Umsetzung
Erste Tests von DPReview zeigen jetzt: Das Anhängen der Bearbeitungs-Metadaten (auch Content Credentials genannt) erhöht die Dateigröße immerhin nur minimal. Über das “Verify”-Tool der CAI lässt sich die Bearbeitungshistorie per Drag & Drop einsehen. Noch hapert es wohl an der nahtlosen Übergabe der Bearbeitungs-Infos zwischen den Adobe-Programmen, sodass teils Zwischenschritte nötig sind. Aber Adobe verspricht, an durchgängigen Workflows zu arbeiten.
Die Umsetzung befindet sich derzeit noch in der Testphase und ist je nach Programm unterschiedlich weit fortgeschritten. In Lightroom und Camera Raw werden Content Credentials aktuell als “Early Access”-Funktion nur für den JPEG-Export angeboten. Neben dem KI-Nachweis könnt ihr auf diesem Weg auch Social-Media-Konten wie euren Instagram-Namen hinterlegen. Photoshop bietet Content Credentials in der Beta-Version auch für PNG-Dateien, erlaubt dann aber nicht, die Informationen sowohl hochzuladen als auch in die Datei einzubetten – unnötig verwirrend.
Was bedeutet das für Fotografen und Bildbetrachter? Content Credentials sind im Begriff, ein Gamechanger für vertrauenswürdige Fotos zu werden. Gerade in Bereichen wie Journalismus, Wissenschaft oder Gerichtsverfahren wird technisch nachweisbare Authentizität immer wichtiger. Aber auch Hobby-Fotografen profitieren von mehr Schutz für ihre Werke und Klarheit über Bildrechte.
Natürlich wirft die Technologie auch Fragen auf: Was ist mit Bildern, die kreativ verfremdet werden sollen? Wird Bearbeitung dann stigmatisiert? Und wie zuverlässig ist die Verifikation? Noch gibt es offenbar Lücken und Kinderkrankheiten. Eine andere Lösung für das Problem fällt mir aber leider auch nicht ein.
Die Label sind immer noch ein Problem
Ich habe es an anderer Stelle bei der Berichterstattung zu diesem Thema schon häufiger erwähnt, aber wiederhole mich gerne: Das Wasserzeichen kann technisch noch so wasserdicht sein (was es derzeit noch nicht ist), am Ende kommt es darauf an, auf welche Weise die Informationen Anwendern zugänglich gemacht werden.
Aktuelle Lösungen sind noch extrem ausbaufähig, wie die Umsetzung auf Meta-Plattformen wie Instagram und Facebook zeigen. Hier bekommen Bilder, die irgendwie mit KI bearbeitet wurden – egal, ob nur kleine Details ausgebessert oder ganze Inhalte ergänzt wurden – einfach das Label “KI-Info” aufgedrückt, was zudem manuell aktiviert werden kann.
Das führt bei mir eher zu genereller Skepsis als zu Transparenz. Ganz akut zum Beispiel bei diesem Foto, das ich auf den ersten Blick nicht als echt wahrnehmen wollte. Aber siehe da – dort sieht es wohl tatsächlich so aus. Richtig sicher kann ich aber nicht sein, bis ich da selbst vorbeigeschaut habe.
Beitragsbild: Onur Binay