Meine Kritik an Fujifilm und der neuen X-E3

Eigentlich mag ich Fujifilm. Aber mit der X-E3 und Fujifilms jüngsten Entscheidungen bin ich nicht ganz zufrieden.

Fujifilm: Tolle Kameras, erstklassige Updatepolitik

Was Fujifilm in den letzten Jahren gemacht hat, gefällt mir persönlich im Großen und Ganzen wirklich gut. Zwar gibt es immer wieder kleinere Kritikpunkte, doch das ist ja völlig normal und bei jedem Hersteller so. Insgesamt bin ich aber absolut überzeugt von Kameras wie der X-T2 oder der X-T20 und für die erstklassige Updatepolitik und die regelmäßigen Firmwareupdates kann man Fujifilm sowieso nur loben. Da könnten sich andere Hersteller gerne mal eine Scheibe von abschneiden.

Auch die Anfang September 2017 vorgestellte Fuji X-E3 ist eine wirklich schöne Kamera geworden wie ich finde. Mir gefällt das Design der X-E3 sehr gut und auch die technischen Daten entsprechen dem, was ich in dieser Preisklasse erwarte.

Doch restlos überzeugt bin ich nicht von der X-E3 und Fujifilms jüngsten Entscheidungen. Dieses Gefühl hatte ich schon direkt nach der offiziellen Präsentation Anfang September und als ich mich gestern nochmal etwas detaillierter mit der X-E3 beschäftigt und die Unterschiede im Vergleich zur X-T20 herausgearbeitet habe, hat sich diese Gefühl bestätigt.

Fuji X-E3 mit schickem Design

Wenn man die Fuji X-E3 mit der Fuji X-T20 vergleicht, dann findet man jede Menge Gemeinsamkeiten. Die allermeisten technischen Daten sind absolut identisch und Fujifilm verlangt auch für beide Kameras den gleichen Preis, 899 Euro nämlich.

Nun könnte man sich natürlich ganz grundlegend die Frage stellen, ob es die X-E3 überhaupt braucht, wenn es eigentlich kaum Unterschiede zur X-T20 gibt. Und sicherlich könnte man argumentieren, dass Fujifilm die Energie und Zeit lieber in die Entwicklung einer anderen Kamera hätte investieren sollen, eine Kamera nämlich, die sich deutlicher von bereits vorhandenen Modellen unterscheidet.

Doch ich würde sagen, dass die X-E3 durchaus ihre Berechtigung hat – und zwar wegen ihres einzigartigen Designs. Die Fuji X-E3 erinnert an eine klassische Messsucherkamera und kommt mit etwas weniger Bedienelementen daher, während die Fuji X-T20 einen Sucherbuckel mit einem integrierten Pop-Up-Blitz besitzt.

Rein optisch unterscheiden sich die beiden Kameras also deutlich voneinander und die X-E-Reihe haben ja viele Kunden im Laufe der Jahre in ihr Herz geschlossen. Und da viele Fuji Fotografen auch Wert auf das Design ihrer Kamera legen, ist es doch eine wunderbare Sache, dass man sich jetzt bei quasi identischen Spezifikationen frei entscheiden kann, ob man das Design der X-E3 oder das der X-T20 bevorzugt.

Fuji X-E3 und Fuji X-T20. Unterschiedliches Design, sehr ähnliche technische Daten.

 

X-E3 & X-T20: Zwei Kameras mit Schwachstellen

Denkste. Denn Fujifilm hat es nicht gereicht, dass sich die X-E3 und die X-T20 nur in Sachen Design und Bedienung unterscheiden. (Die X-E3 hat im Gegensatz zur X-T20 einen Joystick, kein Steuerkreuz und setzt verstärkt auf den Touchscreen als Bedienelement. Unterschiede gibt es also nicht nur beim Design, sondern auch bei der Bedienung.)

Hier kommen wir zu meiner Kritik: Damit sich die Fuji X-E3 deutlicher von der X-T20 unterscheidet, hat Fujifilm beide Kameras schlechter gemacht, als sie es hätten sein können. Und wer schon länger Leser von Photografix ist, der weiß, dass ich von so etwas überhaupt kein Fan bin. Siehe beispielsweise meine Kritik zur Canon EOS 6D Mark II oder Sony A9.

Wovon spreche ich genau? Ganz einfach: Die Fuji X-E3 hat ein fest verbautes Display. Wer ein flexibles und kippbares Display möchte, muss zur X-T20 greifen. Die X-T20 hat allerdings andere Nachteile. So ist sie nämlich die einzige der neueren Fujifilm Kameras, die nicht nachträglich per Firmwareupdate mit dem verbesserten Autofokus der X-E3 ausgestattet wird. X-T2 und X-Pro2 erhalten ein entsprechendes Update, die X-T20 allerdings nicht. Auch die Gestensteuerung über das Display, die Kompatibilität mit der X RAW Studio Software sowie Dinge wie das RGB-Histogramm im Live-View liefert Fujifilm der X-T20 ganz bewusst nicht – der X-E3 aber schon.

Zieht Fujifilm bewusst die Handbremse an?

Warum macht Fujifilm das? Ist es vielleicht technisch nicht möglich, diese Funktionen den X-T20 Nutzern nachträglich zur Verfügung zu stellen? Doch, das ist möglich, da bin ich mir zu 99 Prozent sicher. Denn in allen aktuellen Fujifilm Kameras arbeitet ja die gleiche Hardware. Sensor, Prozessor, Autofokus – alles identisch.

Ich habe vielmehr den Eindruck, dass Fujifilm die X-E3 aktuell als Neuerscheinung bewusst in einem etwas bessere Licht darstellen möchte und dass man deshalb der X-E3 kleine Vorteile mitgibt, die man der X-T20 bewusst vorenthält – zumindest im Moment noch. Damit die X-T20 Nutzer aber nicht verärgert sind, lässt man bei der X-E3 das flexible Display weg.

Ich muss also bei beiden Kameras als Kunde Kompromisse in Kauf nehmen. Warum? Warum hat Fujifilm der X-E3 kein flexibles Display spendiert und der X-T20 ein großes Firmwareupdate verpasst? So wären doch alle Kunden zu 100% glücklich und man könnte sich alleine auf Grundlage des Designs und der Bedienung für die Kamera entscheiden, die einem mehr zusagt.

Dass manche vielleicht kein flexibles Display brauchen oder sogar keines wollen, ist in meinen Augen übrigens kein zulässiges Argument. Wer kein bewegliches Display braucht, der lässt den Bildschirm einfach in der Kamera. Das ist genauso blödsinnig wie das Argument von Fujifilm damals, dass die X-Pro2 Nutzer kein 4K wollen, und dass man es deshalb weggelassen hat, obwohl 4K-Videos technisch kein Problem gewesen wären. Wer kein 4K braucht, der benutzt es einfach nicht! Stört doch niemanden und ist nur von Vorteil für diejenigen, die eben 4K nutzen wollen.

Die Fuji X-Pro2. Seit dem letzten Update auch mit 4K und Tethering.

„Verschwörungstheorien“ zu den Firmwareupdates

Das habe ich schon damals direkt nach der Präsentation der X-Pro2 kritisiert. Und siehe da, viele viele Monate später spendiert Fujifilm der X-Pro2 4K-Videos und Tethering per Firmwareupdate. Das hätte man auch früher haben können – aber da sollte möglicherweise erstmal die X-T2 in ein gutes Licht gerückt werden, als die Kamera nämlich, die 4K kann. Im Gegensatz zur X-Pro2. Keine Ahnung ob das Fujifilms Gedankengang war, aber ganz abwegig finde ich das ehrlich gesagt nicht.

Auch Chris und Jordan von TheCameraStoreTV haben sich kritisch zu diesem Thema geäußert:

„Ich habe Bedenken, dass Hersteller bei der Präsentation von neuen Produkten in Zukunft bewusst Funktionen zurückhalten, um irgendwann später mit einem großen Firmwareupdate Aufsehen erregen zu können und einer etwas älteren Kamera einen neuen Verkaufsschub zu verpassen. Das würde mir überhaupt nicht gefallen.“ (via: Fujirumors)

Mir persönlich ist das etwas zu weit gedacht und diese Problematik sehe ich aktuell nicht. Doch dass Fujifilm damals der X-Pro2 4K-Videos vorenthalten hat und dass nun der X-T20 bewusst die neuen Funktionen verwehrt werden, um die X-E3 besser dastehen zu lassen, das gefällt mir nicht. Was nicht bedeutet, dass die X-T20 oder die X-E3 schlechte Kameras sind, ganz im Gegenteil. Aber so muss ich als Kunde bei beiden Kameras irgendwelche Kompromisse in Kauf nehmen und das hätte sich meiner Meinung nach vermeiden lassen.

Wie steht ihr zu diesem Thema?

Mark Göpferich

Gründer von Photografix, der sich seit vielen Jahren immer wieder aufs Neue von Fotografie und Kameras begeistern lässt. Mit mehr als 4.000 Artikeln hier auf Photografix inzwischen so etwas wie ein Experte für neue Kameras.