Radiant Photo ist ein neues Bildbearbeitungsprogramm, das professionell optimierte Fotos in kürzester Zeit verspricht. Das gelingt auf den ersten Blick recht gut.
Lightroom, Capture One, DxO, Skylum, ON1, Topaz Labs – inzwischen gibt es eine ganze Reihe von interessanten Bildbearbeitungsprogrammen, wirklich viele neue Entwickler sind in den letzten Jahren allerdings nicht hinzugekommen. Da ist es erfrischend, mit Radiant Imaging Labs und ihrer Software Radiant Photo mal ein neues Gesicht in der Landschaft der Fotobearbeitungsprogramme begrüßen zu dürfen.
Fangen wir mal damit an, was Radiant Photo nicht ist. Es ist keine vollwertige Lightroom Alternative, es ist kein klassischer RAW-Konverter (auch wenn viele RAWs gelesen und verarbeitet werden können), es besitzt keine Möglichkeiten zur Bildverwaltung.
Stattdessen ist Radiant Photo ein Programm, das mit Hilfe künstlicher Intelligenz Bilder in Rekordzeit analysieren und auf professionelle Art und Weise optimieren möchte. Dabei bietet die Software gleichermaßen eine unkomplizierte Bildoptimierung, die mit wenigen Klicks erledigt ist, sowie detaillierte manuelle Bearbeitungsmöglichkeiten, wie man sie auch von anderen Programmen kennt.
Wenn ich „künstliche Intelligenz“ lese, bin ich inzwischen ehrlich gesagt häufig skeptisch. Dabei stelle ich noch nicht einmal die Sinnhaftigkeit von künstlicher Intelligenz in Frage, die hat nämlich gerade im Bereich der Bildbearbeitung in den letzten Jahren eine spürbare Weiterentwicklung ermöglicht. Wenn eine Software inzwischen vollautomatisch unterschiedliche Motive erkennen und diese auf Knopfdruck maskieren kann, dann ist das schlicht und einfach fantastisch.
Allerdings nimmt das mit der künstlichen Intelligenz auch irgendwie Überhand, zumindest beim Marketing. Jeder hat die beste, neuste und tollste KI, die am Ende gefühlt aber doch nur einen knalligen Instagram-Filter auf alle Bilder legen will. Das ist für mein Empfinden oftmals mehr Schein als Sein.
Im Falle von Radiant Photo hat mir die künstliche Intelligenz zur Abwechslung aber mal ganz gut gefallen. Dazu gleich mehr, gehen wir erstmal noch ein paar allgemeinere Infos zu Radiant Photo durch.
Die technische Grundlage von Radiant Photo bildet die „Perfectly Clear Engine“. Diese Engine ist in der Fotoszene durchaus bewährt und erprobt, da auch viele professionelle Fotolabore damit arbeiten. Laut Radiant Photo werden mit der Perfectly Clear Engine pro Tag 140 Millionen Bilder verarbeitet.
Radiant Photo wurde von echten Fotografen gegründet und die tatsächlichen Erfahrungen und Wünsche von Fotografen scheinen hier stark im Vordergrund zu stehen. Auf der offiziellen Webseite schreiben die Entwickler:
„Radiant Imaging Labs ist ein Unternehmen, das ausschließlich von Fotografen gegründet wurde, und wir haben Radiant Photo auf der Grundlage unserer umfangreichen gemeinsamen Erfahrung und unserer Liebe zur Fotografie entwickelt. Wir sind davon überzeugt, dass jedes Foto es verdient, strahlend zu sein, und dass der Bearbeitungsprozess so leistungsstark wie möglich, aber niemals überwältigend oder verwirrend sein sollte.“
Radiant Photo ist wahlweise als Standalone-Software oder als Plugin erhältlich. Eine Abo-Version gibt es nicht und auch von quasi dauerhaften Rabattaktionen scheinen die Entwickler nicht allzu viel zu halten. Man wolle die eigenen Preise nicht immer wieder aufs Neue unterbieten und so Kunden, die die Software zum Vollpreis erworben haben, ein ungutes Gefühl geben. Hier und da wird es aber sicherlich trotzdem mal ein kleines Angebot (z. B. in Form eines Bundles) geben.
Zum Start erhält man zur Standalone-Software beispielsweise kostenlos die Plugin-Versionen dazu, die sonst mit einem Aufpreis von 30 Euro verbunden wären:
Weitere Infos zu Radiant Photo:
Genug der Theorie, kommen wir zum Praxisteil. Die normale Bildbearbeitung mit Radiant Photo läuft ungefähr folgendermaßen ab:
Radiant Photo erkennt also, was auf den Bildern zu sehen ist und wendet dann die thematisch passenden Smart Presets an. Das klingt im ersten Moment nicht schlecht, aber so richtig spektakulär irgendwie auch nicht. Und auch ich habe in der ersten halben Stunde, in der ich die Software ausprobiert habe, gedacht: Okay, was soll Radiant Photo denn nun bieten, was andere Programme nicht auch können?
Im Laufe der Zeit konnte ich dann aber doch einen Mehrwert erkennen. Das lag vor allem daran, dass sich diese Smart Presets tatsächlich irgendwie recht smart anfühlen. Da werden nicht nur Presets mit starr festgelegten Einstellungen auf jedes Bild geklatscht, stattdessen werden die Bilder tatsächlich ziemlich gut von der künstlichen Intelligenz analysiert (laut Entwickler geschieht das Pixel für Pixel) und bearbeitet. Sowieso schon (zu) helle Bildbereiche werden zum Beispiel nicht noch heller gemacht, stattdessen greift die Software dort ein, wo sie eine Bearbeitung für notwendig hält. Und das funktioniert nicht immer, aber oft überraschend gut.
Zweiter Punkt, der mir sehr gut gefallen hat: Es gibt zwei verschiedene Stärken für die Smart Presets: Normal und dezent. Ihr kennt das, oft werden bei automatischen Bearbeitungen durch eine KI einfach alle Regler im Hintergrund ohne Rücksicht auf Verluste nach oben geschraubt und das Endergebnis sieht für den normalen Instagram-Scroller vielleicht toll, für den halbwegs erfahrenen Fotografen aber viel zu knallig und übersteuert aus. Umso erfreuter war ich festzustellen, dass ich bei den dezenten Smart Presets die Regler teilweise auf Maximum drehen konnte und das Bild immer noch ziemlich ansehnlich war. Die dezente Variante der Smart Presets war also mein klarer Favorit und ich war bei vielen (aber nicht allen) Bildern mehr als einverstanden mit dem, was mir die künstliche Intelligenz als Bearbeitung angeboten hat.
Dann geht es aber noch weiter: Man kann nämlich auch seine ganz eigenen Smart Presets abspeichern und von Radiant Photo automatischen anwenden lassen, und zwar für unterschiedlichste Motive, genauso wie bei den normalen Smart Presets auch. Es ist also möglich, die Smart Presets anzupassen und gewissermaßen zu „trainieren“, so wie man sie gerne hätte, und Radiant Photo wendet diese dann automatisch und intelligent auf einen ganzen Stapel von Bildern an, ohne dass man etwas tun muss. Wenn man sich mal ein bisschen mit der Software und der Anpassung der eigenen Smart Presets beschäftigt hat, erhält man also in kürzester Zeit automatische AI-Verbesserungen in einem Umfang und Stil, den man vorher selbst festgelegt hat.
Das ist schon eine ziemlich coole Sache – und harmoniert im Übrigen auch wunderbar mit Programmen wie Lightroom. Dort kann man nämlich eine gewünschte Anzahl von Bildern aus der Bibliothek auswählen, an Radiant Photo schicken, dort werden die Bilder dann vollautomatisch (ohne dass sich Radiant Photo als Fenster öffnet) analysiert, mit den gewünschten Smart Presets bearbeitet und anschließend zurück zu Lightroom geschickt und dort im Katalog als Kopie abgespeichert.
Ich habe bisher ungefähr zwei Stunden mit Radiant Photo rumgespielt. Das reicht nicht für ein richtiges Testergebnis, aber für mich kristallisieren sich zwei Anwendungsbereiche heraus:
Meiner Meinung nach ist die Software in diesen beiden Fällen einen Blick wert. Einige möchten sie vielleicht auch am Ende des Workflows für einen intelligenten Feinschliff verwenden, für mich persönlich hat sie sich aber eher wie ein sinnvoller Start in die Bearbeitung angefühlt.
Völlig uneingeschränkt empfehlen würde ich Radiant Photo allerdings (noch) nicht. Man merkt, dass es sich noch um eine vergleichsweise junge Software handelt. Es gibt ein paar ungenaue Übersetzungen, die Oberfläche könnte hier und da noch optimiert werden, es fehlen grundlegende Elemente (z.B. ein Reset-Button) und die Performance ist zwar ordentlich, aber bei ausführlichen manuellen Bearbeitungen ist dann doch noch Luft nach oben. RAWs meiner Fuji X-T30 konnte Radiant Photo übrigens nicht verarbeiten, auch wenn das in der Theorie eigentlich möglich sein sollte. Wenn ihr Radiant Photo mit nativen RAWs nutzen möchtet, würde ich an eurer Stelle also erstmal ausprobieren, ob der Workflow für euch gut funktioniert – wie gesagt, Radiant Photo ist kein klassischer RAW-Konverter. Wenn ein RAW mit Radiant Photo bearbeitet wurde, kann es im Anschluss nur als TIFF, JPEG oder PNG abgespeichert werden.
Ich glaube es gibt auch einige Fotografen, die in der Software insgesamt keinen großen Mehrwert sehen. Das dürften vor allem diejenigen sein, die stets die volle Kontrolle über ihre Bilder haben wollen und jede Aktion und jede Bearbeitung verstehen möchten, den eine Software vornimmt. Das ist mir, zumindest in meiner bisherigen Zeit mit Radiant Photo, nämlich nicht gelungen.
» Hier gehts zur offiziellen Webseite von Radiant Photo
Preis: 139 € Standalone-Version, 139 € Plugin-Version, 169 € für Standalone + Plugin
Kostenlose Testversion? Ja, nämlich hier (14 Tage testen, außerdem 30-Tage-Geld-zurück-Garantie)
Schlussendlich muss ich aber gar nicht zu einem ganz konkreten Fazit kommen und entscheiden, ob die Software als Ergänzung nun empfehlenswert ist oder nicht – das könnt ihr nämlich dank einer kostenlosen Testversion (gültig für 14 Tage) sowie einer 30-Tage-Geld-zurück-Garantie einfach selbst tun.
Habt ihr Radiant Photo schon ausprobiert? Falls ja: Was sind eure Eindrücke?