Es kamen schon viele Apps, die sich von Instagram abgrenzen wollten, und mindestens genauso viele sind wieder verschwunden. Diese hier bald auch?
Zumindest in meiner Filterblase macht über die letzten Monate ein neuartiges Netzwerk die Runde, mit einem prägnanten, wenngleich nicht sonderlich gut googlebarem Namen: Foto. Wie der Name schon ganz dezent andeutet, will es vor allem Fotografen anziehen und ganz bewusst Dinge gegenüber Konkurrenten wie Instagram oder auch Vero anders machen.
Im Mittelpunkt stehen dabei drei Aspekte: Ein besseres soziales Erlebnis, leistungsfähige Suchfunktionen und integrierter Cloud-Speicher. Im Grunde erinnert mich das ein bisschen an Unsplash, nur dass man bei Foto eben nicht automatisch dem zustimmt, dass alle Welt die eigenen Bilder kostenlos verwenden dürfen.
Im Gegensatz zu vielen anderen Plattformen, die stark auf Werbung setzen und damit ein Interesse an möglichst langen Nutzungszeiten haben, will Foto eine sinnvollere Interaktion zwischen Nutzern fördern. Follower- und Like-Zahlen werden nicht öffentlich angezeigt, um den Vergleichsdruck zu minimieren. Stattdessen soll es leichter werden, mit einem breiten Spektrum an Kontakten in Verbindung zu bleiben.
Auch bei der Suche will Foto neue Maßstäbe setzen. Während die Möglichkeiten auf Instagram und Co. oft begrenzt sind, setzt Foto auf umfangreiche Metadaten und Schlagworte. Ziel ist es, die leistungsfähigste Bildersuche im Web zu entwickeln – mit akkuraten und vertrauenswürdigen Ergebnissen. Nutzer sollen so auch ältere Beiträge leicht wiederfinden können.
Langfristig soll Foto zudem als Cloud-Speicher für hochauflösende Digitalfotos dienen. Gut umgesetzt, könnte die nahtlose Integration von Archiv und sozialem Netzwerk einen deutlichen Mehrwert gegenüber der komprimierten Konkurrenz darstellen. Aber nochmal der Hinweis: Das ist alles noch Zukunftsmusik, zum jetzigen Zeitpunkt ist noch keines dieser Features implementiert.
Wenn Foto keine Werbung anzeigen will, wie finanziert es sich dann? Für die Zukunft plant Foto mehrere Bezahlfunktionen, darunter die Möglichkeit für Nutzer, ein Portfolio mit ihren besten Arbeiten zu präsentieren, einen integrierten Shop für Kunstwerke und einen Abo-Bereich für exklusive Inhalte und direkten Austausch mit Fans. Natürlich gibt es für sowas schon andere Dienste, aber wenn man wirklich schafft, eine attraktive All-in-One-Lösung zu bauen, fände ich das ziemlich spannend.
Aktuell befindet sich Foto noch in einer frühen Entwicklungsphase und wird von einem kleinen Team um Gründer Michael Howard vorangetrieben. Bewusst verzichten sie zunächst auf Risikokapital von Investoren, um die Plattform durch Crowdfunding organisch und communitygetrieben weiterzuentwickeln. Das scheint zumindest aktuell schon ganz gut zu funktionieren.
Was ich sehr sympathisch finde: Der Hauptentwickler gibt im Newsletter und Podcast immer wieder sehr transparente Einblicke in den aktuellen Fortschritt. Die Community kann sich aktiv mit einbringen und Wünsche äußern, die sie gerne in der App sehen würden.
Bis zum 12. Juni könnt ihr noch Teil der geschlossenen Betaphase werden. Wie Howard ankündigt, handele es sich dabei um den letzten Schwung von 5.000 neuen Nutzern, der vor dem öffentlichen Launch im Herbst 2024 (so zumindest der Plan) aufgenommen werde. Allerdings ist auch die Teilnahme an der Beta mit einmaligen Kosten verbunden: Fünf US-Dollar müsst ihr spenden, um euch Zugang zu erkaufen.
Vor dem finalen Start müsse man sich aber noch um einige, teils wie ich finde sehr essentielle Funktionen kümmern: Bearbeitung von Beiträgen und Kommentaren, Erwähnungen anderer Nutzer, eine Schlagwortsuche sowie das Feature mit bezahlten Portfolios.
Ich hatte Howard bereits vor ein paar Wochen angeschrieben und gefragt, ob ich trotz geschlossener Beta mal für euch einen Blick reinwerfen dürfte. Binnen Minuten kam die freundliche Antwort: Na klar! Nach Installation bestätigt sich allerdings ehrlicherweise die Vorstellung einer App in einem noch sehr frühen Entwicklungsstadium.
Durchaus ist schon jetzt die Vision zu erkennen, die das kleine Start-up verfolgt, nämlich ein Netzwerk speziell für Fotografen zu entwickeln. Bis man tolle, inspirierende Aufnahmen findet, muss man nicht erst seinen Algorithmus trainieren oder Unmengen an Leuten folgen. Stattdessen reicht es, sich auf der Suchseite umzuschauen.
Dass die Plattform zumindest jetzt schon mit ein wenig Leben gefüllt ist, merkt man schnell, denn bei jeder Aktualisierung tauchen mindestens ein paar neue Bilder auf. Großartigen Austausch oder Diskussionen unter Fotos habe ich allerdings leider noch nicht entdecken können und dass Like-Zahlen nur für den Account, der das Bild hochgeladen hat, sichtbar sind und nicht für andere, mutet im ersten Augenblick merkwürdig an (auch wenn ich den Gedanken dahinter verstehe).
Die Ziele von Foto sind auf jeden Fall hoch gesteckt. Doch die in meinen Augen größte Hürde hat die App schon geknackt, nämlich eine solide, interessierte Nutzerbasis aufzubauen, die die Plattform aktiv nutzen. Wenn die Entwickler jetzt noch zeitnah zumindest einen Teil ihrer geplanten Funktionen in die Wirklichkeit umsetzen, könnte das Projekt wirklich eine Zukunft haben. Ich behalte es auf jeden Fall im Auge. Für euch, aber auch für mich.