Kameras

OM System OM-5: Begeisterung sieht anders aus

Eine schlechte Kamera ist die OM System OM-5 sicher nicht. Trotzdem hätte der Hersteller nach Meinung unseres Autors mehr rausholen können – und müssen.

Es gibt keine schlechten Kameras mehr

Bevor in den nächsten Stunden zahlreiche wütende E-Mails der Micro-Four-Thirds-Gemeinde auf mich hereinprasseln, lasst mich vorneweg gleich festhalten: Nein, die neu vorgestellte OM System OM-5 ist mit Sicherheit keine schlechte Kamera. Ich bin überzeugt davon, dass viele von euch mit ihr hervorragende Bilder schießen und eine wunderbare Zeit haben werden.

Das Problem ist: Eine gute Kamera vorzustellen, reicht in der heutigen Zeit nicht mehr aus. Jede Kamera der letzten Jahre ist eine gute Kamera, von absoluter Billig-Technik wie hier mal abgesehen.

Trotzdem, ich bin grundsätzlich bei euch. Als ich kurz vor der offiziellen Präsentation die letzten Gerüchte zur OM-5 zusammengefasst habe, dachte ich mir: Och, das Gehäuse ist doch nach wie vor sehr schön anzusehen, dazu die neuere Technik der E-M1 Mark III… das könnte doch eine spannende Neuheit werden!

Doch nur die Kamera an sich zu betrachten reicht für eine Einordnung schlichtweg nicht aus. Stattdessen muss man auch vergleichen, was sich im Vergleich zur drei Jahre alten Vorgängerin getan hat und auch ein ganz kurzer Blick auf die Konkurrenz schadet nicht.

Und sobald man diesen Vergleich und den kurzen Blick auf die Konkurrenz gewagt hat, wird klar: OM System hätte aus der OM-5 deutlich mehr rausholen können – und wahrscheinlich müssen, wenn man neue Kunden anlocken möchte.

Kaum Neuerungen bei der Hardware

Fangen wir mit dem ersten Fehler an, den ich gemacht habe. Gestern hatte ich noch das Bild im Kopf, dass die „neue“ Technik der E-M1 Mark III mit dem Gehäuse der E-M5 Mark III kombiniert wird. Ein etwas ausführlicherer Blick auf die Datenblätter der beiden Kameras hat mir heute gezeigt: So sehr unterscheiden sich die Spezifikationen der E-M1 III und E-M5 III ja eigentlich gar nicht voneinander.

Man sollte also eher festhalten, dass die allermeisten technische Daten von der E-M5 Mark III übernommen werden. Sensor, Autofokus, Serienbildgeschwindigkeit, elektronischer Sucher, Display, Akku, Gehäuse? Kennt man alles bereits von der Vorgängerin.

Von der E-M1 Mark III oder der OM-1 wird nur sehr punktuell etwas aufgegriffen. So zum Beispiel der TruePix IX Prozessor, der unter anderem eine etwas bessere Gesichtserkennung und kleine Verbesserungen beim AF-Algorithmus ermöglicht. Dem leistungsstärkeren Prozessor und auch dem effektiveren Bildstabilisator (eine der weiteren, wenigen Hardware-Verbesserungen der OM-5) hat man auch den High-Resolution-Modus mit 50-Megapixel-Aufnahmen aus der Hand sowie zahlreiche der erstklassigen Computational-Photography-Modi von Olympus bzw. OM System zu verdanken. Auch gibt es zum Beispiel einen nützlichen Sternenhimmel-AF und es können vertikale Videos aufgezeichnet werden.

Die OM System OM-5 ist ab sofort vorbestellbar bei: Calumet | Foto Koch | Foto Erhardt

Robusteres Gehäuse (oder doch nicht?)

Beim Gehäuse gibt es auf dem Papier ebenfalls eine durchaus relevante Neuerung, so ist die OM-5 im Gegensatz zur Vorgängerin nämlich mit einer IP53-Zertifizierung versehen. Hat OM System hier also bei der Robustheit nachgebessert und die Wetterfestigkeit gezielt aufgewertet?

Sieht auf den ersten Blick ganz danach aus. Doch so richtig schlüssig wirkt es für mich nicht, dass man das Gehäuse von der E-M5 Mark III bis ins kleinste Detail übernimmt, um dann ausschließlich die Dichtungen und die Wetterfestigkeit zu überarbeiten. Ich würde also zumindest die Möglichkeit in den Raum werfen, dass OM System für die OM-5 lediglich die IP53-Zertifizierung eingeholt hat, die Kamera sich in Sachen Wetterfestigkeit im Vergleich zur Vorgängerin aber gar nicht so wirklich verbessert hat. Auch weil das Gewicht mit exakt 414 Gramm unverändert bleibt.

Micro-USB im Jahr 2022, kein Joystick

Bleiben wir mal beim Gehäuse und kommen auf die Tatsache zu sprechen, dass die Ende 2022 vorgestellte OM-5 immer noch einen Micro-USB-Port und keinen USB-C-Port besitzt. Akku laden, während die Kamera in Betrieb ist? Fehlanzeige. In welchem Jahrzehnt befinden wir uns nochmal?

Auch einen Joystick oder einen Kopfhörerausgang sucht man bei der Kamera nach wie vor vergeblich, genauso wie das komplett überarbeitete Menü der OM-1 fehlt. Stattdessen macht OM System bei der OM-5 wieder einen Schritt zurück und implementiert das alte und in meinen Augen schlechtere Menü der Vorgängerin. Das macht die OM-5 auch als Zweitkamera für Besitzer einer OM-1 etwas unattraktiver.

Auch das Gesamtfazit von DPReview fällt nach einem erst Test eher ernüchtert aus:

„Leider ist die OM-5 weniger eine Mini-OM-1 als vielmehr eine Neuauflage der E-M5 Mark III. Als erste Kamera, die den Namen OM System trägt, ist sie daher eine kleine Enttäuschung. Selbst auf den ersten Blick gibt es hier nicht wirklich viel Neues.“

Vor allem beim Menü, dem Autofokus und den Anschlüssen sind die allermeisten Konkurrenten in der Mittelklasse inzwischen besser aufgestellt, zudem haben Kameras wie die Fuji X-S10 oder Canon EOS R10 auch einen größeren Sensor zu bieten und sind gleichzeitig günstiger.

Gute Kamera, aber zu wenige Neuerungen

Die OM System OM-5 stellt im Vergleich zur drei Jahre alten E-M5 Mark III also nur ein kleines Update dar. Der Hersteller betreibt dezente Modellpflege und bessert primär mit einem neuen Prozessor nach, der unter anderem die Implementierung einiger neuer Software-Funktionen, die man aber bereits von anderen Olympus Kameras kennt, ermöglicht.

Ich wiederhole mich gerne nochmal: Die OM System OM-5 ist keine schlechte Kamera und mit Sicherheit gibt es ein paar Fotografen da draußen, für die sie die perfekte DSLM ist. Insgesamt habe ich mir hier allerdings mehr Neuerungen erhofft und bin dementsprechend kein Fan von OM Systems sehr zurückhaltender Modellpflege.

Umfrage

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OM System OM-5: Was ist euer erster Eindruck?
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  • Gelungene Kamera 13%, 162 Stimmen
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  • Einfach nur schlecht! 13%, 153 Stimmen
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  • Hut ab, OM System! 2%, 21 Stimme
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26.10.2022
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Mark Göpferich

Gründer von Photografix, der sich seit vielen Jahren immer wieder aufs Neue von Fotografie und Kameras begeistern lässt. Mit mehr als 4.000 Artikeln hier auf Photografix inzwischen so etwas wie ein Experte für neue Kameras.