Marktgeschehen

Deutscher Stock-Foto-Hoffnungsträger naht seinem Ende

Nach zwölf Jahren sieht es schlecht aus für EyeEm, das damals in Deutschland gegründete Unternehmen. Aber so richtig überraschend war das eigentlich nicht.

Er galt sogar als Instagram-Konkurrent

Vor gut zehn Jahren wurde das Berliner Start-up sogar noch als Konkurrent zu Instagram gesehen, doch seitdem ging es größtenteils offenbar bergab. EyeEm hat nun Insolvenz anmelden müssen und steht somit womöglich kurz vor seinem Ende. Indiz dafür hätte der schon seit 2021 eingebrochene Börsenkurs sein können. In dem Jahr wurde das in Deutschland gegründete Unternehmen zudem von der Kreativenvermittlung Talenthouse AG aus der Schweiz für 40 Millionen US-Dollar aufgekauft.

In guten Zeiten verzeichnete EyeEm Berichten zufolge eine Nutzerzahl im zweistelligen Millionenbereich, was für damalige Verhältnisse noch eine ganz andere Bedeutung hatte, als die mehr als eine Milliarde heutzutage bei Instagram. Inzwischen wirbt die Webseite nur noch mit 8 Millionen angemeldeten Creatorn, zu den Kunden gehören angeblich namhafte Marken wie Skyscanner, N26, Shopify oder Trivago. Zuletzt häuften sich allerdings Berichte, dass Fotografen nicht pünktlich bezahlt wurden, was ein Zeichen für die drohende Zahlungsunfähigkeit verstanden wurde.

Die Verantwortlichen sind schon weg

Die deutschen Gründer sind übrigens schon längst raus und haben sich anderen Projekten gewidmet. Auch Geschäftsführer und Finanzchef sind erst von Kurzem von Bord gesprungen. Dazu könnt ihr auch hier spannende Berichte von Robert Kneschke im „Alltag eines Fotoproduzenten“ nachlesen, der tapfer bei der Pressestelle nachhakte, einen Mahnbescheid veranlasste und sogar an einem überfüllten Briefkasten der angeblichen Adresse von EyeEm nach den Verantwortlichen suchte.

Der Vergleich zu Instagram hinkt allerdings: Bei EyeEm handelt es sich im Gegensatz zu der Meta-Tochter nicht um ein kostenfreies Soziales Netzwerk, sondern im Grunde eine klassische Stockfoto-Plattform. Die einzelnen Bilder haben allerdings keine unterschiedlichen Preise, Brands schließen stattdessen ein Abonnement ab oder kaufen ganze Pakete. Bis zu 18 Euro pro Bild können das dann schonmal sein.

Zudem vermittelt EyeEm Fotografen mit Unternehmen für individuelle Aufträge. Besonderheit von EyeEm ist außerdem eine eigens mithilfe Künstlicher Intelligenz entwickelten Software, die Bilder nach einem Ästhetik-Score rankt oder Keywords vorschlägt.

Rechnungen offen

Was mit EyeEm in näherer Zukunft passiert ist noch völlig ungewiss. Bis jetzt hat sich kein Konzern gemeldet, das schwächelnde Unternehmen aufzukaufen. Zu hoffen ist, dass die Fotografen immerhin noch so schnell wie möglich ausbezahlt werden. Abgesehen von der finanziellen Situation ist das sicherlich auch ein großer Image-Schaden, den EyeEm vielleicht nie mehr überwinden wird. Ich würde mich jedenfalls nach Alternativen umschauen.

via: Gründerszene

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Peter

Bis zu 18€ pro Bild…
Da muss man als Fotograf das gleiche Bild einige mal verkaufen um etwas zu verdienen. Und jetzt kommt noch die AI um die Ecke…
(Zum Glück habe ich mich damals für einen anderen Beruf entschieden.)

Carsten Klatt

Kannte ich bis jetzt überhaupt nicht.

Michael

Leider werden die Fotos durch die Partneragenturen von EyeEm weiter verkauft ohne das die Fotografen für Ihre Bilder bezahlt werden.
Ein stoppen des Verkaufs ist für die Fotografen nicht möglich da sie nicht Vertragspartner der Agenturen sind sondern die insolvente EyeEm GmbH.
So gehen die Fotografen leer aus und haben keinen Zugriff auf ihre Fotos.

Peter

Wären Fotografen Banker, sie bekämen das Geld sicher…

100carat

Dazu drei Anmerkungen: Ich würde nie ein Stock-Foto oder sonstigen Agentur meine Bilder, Filme, Artikel, etc. anvertrauen. Warum? Weil ich wissen möchte, wo was publiziert wird und letztlich auch entscheiden, ob es dort überhaupt veröffentlicht werden darf. Natürlich verzichtet man dabei im Zweifelsfalle auf Einnahmen, weil – zumindest über Jahrzehnte etablierte Agenturen – ein noch größeres Netzwerk an Abnehmern besitzen. Allerdings kann die Direktvermarktung, so die Zeit dafür verfügbar ist, manchmal sogar größere Verkaufserfolge erzielen. Es gibt verschiedene Motive, warum jemand seine Werke einer Agentur zur Distribution überlässt. Manche wollen damit gar nicht primär Geld verdienen, sondern z. B. ihre Fotos – egal wo – einfach veröffentlicht sehen. Wer allerdings das Agenturgeschäft als wichtigen Teil seiner Einnahmen betrachtet und zudem die Hoheit über die eigenen Verwertungsrechte behalten will, tut gut daran, die entsprechenden AGB´s und Verwertungsverträge aufmerksam und penibel genau zu lesen. EyeEm habe ich nur zu Beginn kurz verfolgt, weil für mich absehbar war, dass das Unternehmen nicht lange Erfolg haben wird. Deshalb habe ich mich auch nicht mit den Vertragsdetails beschäftigt. Sollte der Verwertungsvertrag eine Distribution durch Partneragenturen beinhalten und die Einnahmeverteilung an die Fotografen nicht klar geregelt sein, ist dumm, wer Geld mit seinen Fotos verdienen will… Weiterlesen »

Alfred Proksch

Mein Neffe Dr. Dr. der Physik/Informatik ist rund um den Globus tätig. Er hatte mich schon vor Jahren zu einer „Bild gebenden Softwareschmiede“ mitgenommen. Ab diesem Zeitpunkt war mir klar wo der Hase hinlaufen wird. Damals war die dazu nötige Software noch sehr teuer und erforderte Schulungen um damit klar zu kommen.

Was heute los ist muss ich nicht vertiefen. Einzig die daraus entstehenden Konsequenzen sind noch wichtig. Gezeigte Bilder/Videos müssen nicht WAHR sein. Das betrifft ALLE die mit Bildern ihren Unterhalt verdienen. Lügenpresse und Zweifel sind Schlagworte dazu weil der Betrachter sich auf „habe ich selbst gesehen“ nicht verlassen kann!

Stock-Foto an und für sich ist für mich ethisch nicht akzeptabel. Deswegen freue ich mich wenn einer weniger auf dem Markt agiert.

Alfred Proksch

Servus Jonathan,

Kategorisierung ist OK – Kennzeichnung von künstlichen KI Bildern habe ich in keinem dieser Bereiche gesehen. Woher soll ein interessierter Kunde wissen ob er ein echtes von Fotografen gemachtes oder ein künstliches Erzeugnis vor sich hat? Wenn z.B. eine Presse Agentur Bilder angeboten bekommt die nicht echt sind sehe ich große Probleme auf uns zukommen.

Michael und Peter schneiden rechtliche und finanzielle Dinge an mit denen sich Stock-Foto liefernde Bildermacher auseinander setzen müssen.

Ethisch verwerflich finde ich wie Stock-Foto Betreiber ihre Kunden locken. Übertrieben gesagt – wie der böse Mann mit einem Bonbon kleine Mädchen ins Gebüsch lockt indem er menschliche Schwächen ausnutzt.

Das Bildergeschäft muss in seiner Gesamtheit betrachtet werden will man Gerüchte und Neuheiten aus der Hardware liefernden Industrie bewerten.

Peter

Stockfotoagenturen haben v.a. eines bewirkt: das heutzutage fast alle Bilder im Web uniformiert, langweilig und uninspiriert daher kommen. Das Bild wurde zum beliebig konsumierbaren Massenprodukt und wird billig verkauft.
Sozusagen Fords Fliessband für einen ehemals kreativen Berufszweig.
Und durch die Unifomiertheit und Beliebigkeit haben sie den Wert eines Bildes weiter gesenkt, dadurch mussten die Bilder noch kostengünstiger und beliebiger produziert werden. Schöne selbstantreibende Abwärtsspirale…
Dadurch wurden auch die Anforderungen für AI gesenkt, die kann jetzt übernehmen.

BTW: hier mal ein kleines Quiz: Wer erkennt die AI generierten Bilder?
https://www.watson.ch/digital/chatgpt/709418232-erkennst-du-das-ki-generierte-fake-foto-hier-kannst-du-dich-testen

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