Marktgeschehen

Bundesgerichtshof: Beruhigende Entscheidung im skandalösen Fototapeten-Fall

Weil eine Fototapete mit seinem Motiv auf Bildern Dritter im Internet zu sehen war, zog ein Fotograf vor Gericht. Hoffentlich zum letzten Mal.

Keine Urheberrechtsverletzung

Der Bundesgerichtshof hat in drei wegweisenden Urteilen entschieden, dass die Verwendung von Fototapeten mit geschützten Bildmotiven in Fotos und Videos keine Urheberrechtsverletzung darstellt. Die Entscheidungen stärken die Rechte von Privatpersonen und Unternehmen, die entsprechende Aufnahmen im Internet veröffentlichen.

Hintergrund der Verfahren waren Fälle, in denen Nutzer Fototapeten erworben und in ihren Räumlichkeiten angebracht hatten (wir berichteten). Die Räume wurden anschließend fotografiert oder gefilmt und die Aufnahmen online gestellt, auf eigener Webseite oder auf Facebook. Der Fotograf, der die Rechte an den Bildmotiven hält, sah darin eine Verletzung seiner Nutzungsrechte.

Er mahnte die Nutzer ab und forderte Schadensersatz sowie die Erstattung von Abmahnkosten. Damit hatte er in der Vergangenheit teilweise auch Erfolg, weil die Abgemahnten sich lieber auf einen Vergleich einigten, als rechtliche Mittel einzuleiten. Der Betreiber des YouTube-Kanals „Whiskytrue“ etwa zahlte dem Abmahnfotografen stolze 3.000 Euro.

Stillschweigende Einwilligung zu üblicher Nutzung

Der Bundesgerichtshof wies die Revisionen des Fotografen jedoch zurück. Er entschied, dass dieser durch den Verkauf der Tapeten stillschweigend in die übliche Nutzung eingewilligt habe. Es sei vorhersehbar, dass Käufer Fotos und Videos von dekorierten Räumen anfertigen und diese im Internet teilen. Wolle der Fotograf dies einschränken, müsse er beim Vertrieb der Tapeten darauf hinweisen, etwa durch entsprechende Kennzeichnungen. Dies war in den verhandelten Fällen nicht geschehen.

Das Gericht stellte zudem klar, dass sich nicht nur die unmittelbaren Käufer, sondern auch Dritte auf die Einwilligung berufen können, sofern ihre Nutzung als üblich anzusehen ist. Darüber hinaus habe der Fotograf durch sein Verhalten auf das Recht verzichtet, bei der Verwendung namentlich genannt zu werden.

Urteil schafft endlich Klarheit

Die Urteile schaffen wichtige Klarheit für Nutzer von Fototapeten. Sie zeigen, dass die gängige Verwendung der Motive in Fotos und Videos grundsätzlich zulässig ist, solange der Urheber keine expliziten Einschränkungen vornimmt. Dies gilt sowohl für den privaten als auch den gewerblichen Bereich. Für Anbieter bedeutet dies im Gegenzug, dass sie ihre Rechte aktiv schützen müssen, wenn sie eine solche Nutzung verhindern wollen.

Frühere Gerichtsentscheidungen zu dem Thema waren uneinheitlich. Während manche Gerichte zugunsten der Nutzer urteilten, gab etwa das Landgericht Köln dem Fotografen Recht. Die höchstrichterlichen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs sorgen nun für eine einheitliche Rechtsprechung und mehr Sicherheit auf beiden Seiten.

via: Heise | Beitragsbild: Tingey Injury Law Firm

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Thomas Müller

Wenn ich mir meine Posts im Vorgängerthread nochmals betrachte, habe ich den Eindruck der BGH hat bei mir abgeschrieben 😁. Aber im ernst, auf den BGH ist Verlass, wieder einmal. Die Richterbank des LG Köln wurde (wieder einmal) zurückgepfiffen und der BGH hat das weltfremde Urteil aus Köln gegen ein mit einer verständlichen Begründung (soweit bisher bekannt) versehenes Urteil ausgetauscht. Was der Fototapetenfotograf betrieb roch einfach zu sehr nach Abmahnmasche (ist nur meine Vermutung) und nicht nach einer berechtigten Geltendmachung von Urheberrechten.

joe

Jedes andere Urteil hätte das Ende der Fotografie bedeutet.

Trainspotter_Brenzbahn

Würdest Du das wirklich einfach so hinnehmen? Sei ein Frondeur Freund! 💪🏼 👊🏼

joe

Also du als Trainspotter musst jetzt bezahlen, wenn du Züge fotografierst und öffentlich irgendwo zeigst! Ok?

Rolf Carl

Es gibt ja noch andere Motive. In der Natur ist fast alles frei fotografierbar.

joe

Danke für den Hinweis, wäre ich von alleine nicht draufgekommen😉

Trainspotter_Brenzbahn

Es ging gar nicht um Urheberrechtsverletzung(en), sondern um bloßen Geldgewinn. Wieder einer der Geschäftszweige, die nichts produzieren, aber trotzdem hohe Gewinne abwerfen sollen.

BEN

Nun müsste allerdings wieder die Panoramafreiheit uneingeschränkt greifen, denn gleiches wie im Tapetenurteil trifft auch auf Künstler zu, die auf öffentlichen Plätzen ausstellen.
Sie stimmen im Grunde stillschwigend zu, dass ihre Werke dort fotografiert werden und damit auf Fotos und Videos erscheinen können. Im anderen Fall würden sie durch Ausstellung von Kunstwerken das Abbilden öffentlicher Plätze und Räume unterbinden können. Das geht eigentlich nicht. Der öffentliche Platz gehört ihnen nicht allein.

Sabrina

Sowas sollte eigentlich in Gesetzen geregelt sein, anstatt dafür teure Gerichtsprozesse führen zu müssen.

Wir hatten hier aber mal einen heftigen Fall, wo eine Fotografin ein Sissi-Gemälde nachgestellt hat und andere abmahnte, die genau dasselbe mit ihrem Foto machten.

Insofern bin ich nicht unzufrieden mit dem Urteil.

Das Urheberrecht ist mittlerweile eine Geschäftsmasche geworden und der Gegenstand letztlich nur in Verkehr gebracht worden um dann darauf ein Geschäft mit Urheberrechtsklagen zu gründen als das eigentliche Geschäft.

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