„Es wäre ziemlich unglücklich, zu viel zu produzieren und den Preis zu senken“, sagt Fujifilms CEO. Die aktuelle Bestandssituation sei „normal“.
Lieferengpässe bei Fujifilm
Dass Fujifilm seit längerer Zeit mit Lieferproblemen zu kämpfen hat, ist kein Geheimnis. Die prominentesten Beispiele sind und waren die Fuji X100V und X100VI, doch auch andere Kameras waren in bestimmten Ländern kaum erhältlich. Erst vor einigen Wochen setzte Fujifilm in Japan erneut die Bestellungen für die X-S20 aus, auch bei der X-T5 gibt es immer wieder Engpässe. Die Fuji X-E4 hat der Hersteller komplett aus dem Programm genommen, noch bevor alle Bestellungen bedient werden konnten.
Als ich Fujifilms Lieferengpässe Anfang April in einem Artikel thematisiert hatte, war ich zu dem Fazit gekommen, dass Engpässe in diesem Ausmaß eigentlich nicht vom Hersteller gewollt sein können. Nun, ich lag anscheinend falsch.
CEO hält Situation der Lagerbestände für „normal“
Bei der Bekanntgabe der Jahresergebnisse hat Fujifilm CEO Teiichi Goto eindeutig bestätigt, dass die aktuelle Bestandssituation inklusive monatelanger Wartezeiten und Lieferengpässen von Fujifilm als „normal“ eingestuft wird. Auf die Frage, ob für das Kamerageschäft und die aktuelle Bestandssituation in diesem Jahr Anpassungen geplant sind, antwortet er:
Der wichtigste Punkt ist die Frage, wie viel Markenstärke geschaffen und wie sie erhalten werden kann. Daher wäre es ziemlich unglücklich, zu viel zu produzieren und den Preis zu senken. Was Fujifilm seit langem versucht hat, wird jetzt endlich wahr. […] Der Preis (der GFX-Kameras) ist recht hoch, aber die Kunden warten immer noch auf Bestellungen. […] Wir beabsichtigen, das gesamte Imaging-Geschäft, einschließlich INSTAX, voranzutreiben, wobei wir uns darauf konzentrieren wollen, die Markenstärke auszubauen und den Wert der von unseren Kunden gekauften Objekte nicht zu verringern. […] Leica, ein bekannter deutscher Hersteller, hat zum Beispiel immer noch einen sehr hohen Wert sowohl für seine alten Kameras als auch für die Kameras, die er jetzt verkauft. Das ist auch unser Ziel.
Meine Interpretation der Aussagen
Anders ausgedrückt: Fujifilm hat sich bewusst dafür entschieden, das Angebot der eigenen Kameras unterhalb der vorhandenen Nachfrage zu halten. So läuft der Hersteller nicht Gefahr, dass sich größere Lagerbestände bilden, die dann unter Umständen mit Rabatten abverkauft werden müssen. Der Fokus liegt darauf, nach dem Vorbild von Leica viel Markenstärke und stabile Preise zu schaffen.
Mich erinnert das im Gesamten doch sehr an das klassische Marketinginstrument der künstlichen Verknappung. Ich erinnere nochmal daran, dass für die X100VI in einigen Ländern eine Kauferlaubnis per Lotterie gezogen werden muss und Wiederverkäufer teils horrende Preise für die Kompaktkamera aufrufen. Fujifilm scheint aber keineswegs unzufrieden mit der aktuellen Liefersituation zu sein. Ich lese nirgendwo, dass Verbesserungen in Sachen Lieferzeiten und Verfügbarkeit angestrebt werden – im Gegenteil. Der Status quo scheint sogar das Ziel gewesen zu sein: „Was Fujifilm seit langem versucht hat, wird jetzt endlich wahr.“
Damit verlieren Pressemitteilungen aus der Vergangenheit, dass aufgrund einer unerwartet hohen Nachfrage leider und zum Bedauern von Fujifilm mit Lieferengpässen zu rechnen sei, zumindest zu Teilen an Glaubwürdigkeit. Im Falle der X100VI kann ich mir aber trotzdem vorstellen, dass Fujifilm von der enormen Nachfrage überrascht wurde.
Kurios finde ich persönlich, dass Fujifilm zumindest hierzulande die eigenen Kameras und Objektive ja trotzdem regelmäßig mit Rabatten anbietet. Aktuell läuft beispielsweise eine Cashback-Aktion, bei der der Preis der X-T5 auf nur 1.628 Euro sinkt. Damit beträgt der Preisunterschied zur neu vorgestellten Fuji X-T50 momentan nur 129 Euro.
Wie beurteilt ihr die Aussagen von Fujifilm? Begrüßt ihr Fujifilms Einstellung (vielleicht auch im Sinne eines geringeren Wertverlusts der eigenen Kameras) oder würdet ihr es bevorzugen, wenn der Hersteller die Produktionskapazitäten erhöhen würde?
Update, 23. Mai 2024: Inzwischen liegen uns die originalen Aussagen von Fujifilm CEO Teiichi Goto vor. Diese sind öffentlich einsehbar und können in diesem PDF-Dokument von Fujifilm nachgelesen werden. Wir haben den Artikel überarbeitet und beziehen uns jetzt stärker auf die originalen Aussagen und weniger auf den Artikel von Digitalcameraworld, der ursprünglich als Quelle diente.