IBIS oder OIS – was ist eigentlich besser? Und wie sind die Versprechungen der Hersteller zu bewerten?
Alles begann 1995 mit Canon, als sie das erste Objektiv, genauer das Canon EF 75-300mm 1:4-5,6 IS USM, mit optischer Bildstabilisierung (OIS) auf den Markt brachten. Genau genommen war es Nikon, das 1994 mit der Kompaktkamera 700VR die Pionierrolle bei der Bildstabilisierung einnahm. Bis zur ersten kamerainternen Stabilisierung (IBIS) dauerte es dann noch etwa ein Jahrzehnt, bis 2004 die Konica Minolta Dynax 7D auf den Markt kam.
Die Debatte um IBIS gegen OIS
Viele Jahre lang gab es dann eine technische und marketingstrategische Debatte zwischen Kameraherstellern, die auf optische Bildstabilisierung (OIS) setzten, und denen, die eine kamerainterne Stabilisierung (IBIS) bevorzugten. Hersteller wie Canon und Nikon argumentierten, dass OIS in Objektiven effektiver sei, insbesondere für Tele- und Makroobjektive. Marken wie Sony und Olympus betonten die Flexibilität von IBIS, da es auch mit älteren oder nicht stabilisierten Objektiven funktioniert.
And the winner is: Die Hybridlösung
In der Praxis hat sich aber längst gezeigt, dass beide Systeme Vor- und Nachteile haben, weshalb sich mittlerweile Hybridlösungen durchgesetzt haben, wobei z. B. IBIS für die Korrektur von Rotationsbewegungen zuständig ist, während OIS lineare Bewegungen ausgleicht. Panasonic hat diesen Ansatz erstmals 2015 mit der Lumix DMC-GX8 und dem “Dual I.S.”-System vorgestellt.
Ein Diagramm von Canon zeigt sehr schön den Unterschied zwischen IBIS und OIS in Abhängigkeit von der Brennweite und der Stabilisierungswirkung – und vor allem, wie IBIS und OIS zusammen die Stabilisierung verstärken können.
Die Betonung liegt dabei auf “können”, da dies auch von der Kamera und dem verwendeten Objektiv abhängt. So sollen laut Canon mit der EOS R3, EOS R5, EOS R6 und EOS R7 bis zu acht Stufen an Stabilisierung möglich sein, was derzeit auch die Benchmark für die Konkurrenz darstellt. Allerdings mit dem Hinweis, dass dies nur mit vereinzelten Objektiven wie dem RF 28-70mm f/2L USM oder dem RF 24-70mm f/2.8L IS USM erreicht wird.
Das Stativ darf daheimbleiben
Ich nehme dafür ein einfaches Beispiel mit einer Brennweite von 50 mm, für das ich eine minimale Verschlusszeit von 1/50 s einstellen würde, um verwacklungsfreie Aufnahmen zu erhalten. Mit einer achtfachen Bildstabilisierung kann ich die Verschlusszeit theoretisch um acht Blendenstufen verlängern. Das wären abgerundet etwa fünf Sekunden.
Solche Werte sind natürlich immer sehr marketingwirksam und ähnlich realistisch wie die Reichweitenangaben von Autos. In der Realität wundert man sich dann oft, warum man nicht mal die Hälfte schafft. Das hängt natürlich neben der oben erwähnten Kamera- und Objektivkombination auch von den Aufnahmebedingungen und dem Halteverhalten ab.
Wer bestimmt solche Werte?
Solche Tests sind von der CIPA standardisiert und obwohl der Standard eine einheitliche Testmethodik vorgibt, können unterschiedliche Interpretationen und Implementierungen durch die Hersteller zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, was dann auch den direkten Vergleich zwischen verschiedenen Kameramodellen erschwert.
Außerdem können die Hersteller ihre Systeme speziell auf diese Testbedingungen abstimmen, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Solche Tests sind daher lediglich eine nützliche Orientierungshilfe, die tatsächliche Leistung der Bildstabilisierung in der Praxis kann jedoch variieren.
Einen 100% zuverlässigen Test wird es hier ohnehin niemals geben, da der Mensch nun mal kein zertifizierter Vibrationsapparat ist und es unmöglich ist, alle Bewegungen und Erschütterungen zu simulieren, die in realen Aufnahmesituationen auftreten können. Mehr Informationen über den CIPA-Standard findet ihr hier.
Mein kleines Fazit
Von der ersten IBIS/OIS-Kombination von Panasonic mit 3,5 Stufen sind wir heute bereits bei 8 Stufen bei idealen Laborbedingungen angelangt. In der Praxis variiert das erzielte Ergebnis zwar, aber trotzdem sind mittlerweile 3 bis 5 Stufen je nach Aufnahmesituationen realistisch.
Das ist schon eine beeindruckende Entwicklung. Ob ihr es am Ende wirklich braucht oder nicht, steht auf einem anderen Blatt. Ich persönlich bin bei schlechten Lichtverhältnissen oder längeren Brennweiten oft froh, eine Stabilisierung an Bord zu haben.
Wie ist euer Verhältnis zur Bildstabilisierung? Ist es für euch wichtig, dass eure Kombination aus Kamera und Objektiv die maximale Stabilisierung bietet?
via: DPreview
Bei mir kommt, es unter anderem, auf die Körperhaltung an. Wenn ich mich hin knie, und ein Objekt in nächster Nähe (Macro) photographieren möchte, hilft manchmal auch kein OIS. Bei Objekten in weiter Entfernung (Tele) ist es so das ich auch bei relativ langen Belichtungszeiten keine oder kaum Verwackelungsunschärfe bei den Bildern habe. So gesehen könnte ich im Telebereich auf eine OIS verzichten. Frage an die anderen Foristen: Kann ein IBIS (meine Camera hat keinen) im Nahbereich das Zittern ausgleichen?
Der Nahbereich ist immer ein Problem. Da ist OIS und IBIS nie so gut wie bei anderen Bereichen. Wenn du dein Macro für z.B. Portraitdistanzen nutzt wirst du merken das der OIS hier auch viel besser arbeitet als wenn du ein Macro machst.
Beides zusammen (OIS und IBIS) hilft dir im Nahbereich schon weiter, aber nicht so viel wie man denkt.
Auch meine Erfahrung.
Im Nahbereich ist der IS weniger effektiv, als im Fernbereich, das liegt in der Natur der Sache, da im Nahbereich deutlich höhere Anforderung gestellt werden.
Aber es gibt Systeme die im Nahbereich trotzdem mehrere Blenden Gewinn bringen:
Wie ich schrieb: Die Stabis in der Lumix G9, G9-II, bei neueren OM- System- Kameras, vor allem mit dem 90er IS Macro, sowie bei den Lumix- Vollformatkameras mit L- Mount.
Meine ehemalige Sony A7-II dagegen, so gut wie unwirksamer IBIS im Nahbereich,
ebenso wie mein ehemaliges 105er Nikkor.
Dabei ist es technisch viel einfacher, den kleineren und masseärmeren MFT- Sensor zu stabilisieren, als einen großen KB- Sensor.
Ein weiterer Vorteil bei Makros mit guten MFT- Kameras.
“kann ein IBIS (meine Camera hat keinen) im Nahbereich das Zittern ausgleichen?”
Kommt drauf an, siehe mein Text oben.
Die Systeme der Hersteller unterscheiden sich in der Effektivität, teils deutlich.
Meine Pana- Kameras G9 (MFT) und meine S1, S5 und S9 können das, sogar sehr effektiv, auch mit Sigma- Objektiven ohne OIS.
Die S9, obwohl sie einen großen KB- Sensor besitzt, der in einem sehr kleinem Gehäuse sitzt.
Meine Sony A7-II. konnte das nicht so gut, ebenso wenig, wie das erwähnte Nikkor 2.8/105 Makro, dass war aber das ältere Modell der Spiegelreflexreihe, die sind sicherlich effektiver geworden.
Da kommt es wohl eher drauf an, welche Achsen stabilisiert werden können. Es gibt die 3 Drehachsen und 2 Achsen für Verschiebung horizontal und vertikal.
Für den Nahbereich sind die Verschiebe-Achsen wahrscheinlich wichtiger als die Drehachsen. Wenn das Objekt weit weg ist, ist die Verschiebung kaum relevant, die Drehachsen aber sehr wichtig. Könnte mir vorstellen, dass lange Brennweiten in ihrem OIS nur die x/y Drehachsen stabilisieren, das aber sehr gut.
Moderner IBIS hat dagegen fast immer 5-Achsen-Stabilisierung, kann also auch die Verschiebung korrigieren. Eventuell klappt das sogar besser als die Drehachsen zu stabilisieren, weil der Sensor dafür gekippt werden muss.
Ist alles mein Bauchgefühl – das Internet weiß sicher mehr.
Was nicht ganz erwähnt wird ist das zusätzlich auch die Pixeldichte eine rolle spielt. Es macht schon ein Unterschied ob man ein Vollformat mit 24MP stabilisiert oder 60MP.
IBIS ist schon sehr nice to have.
Gutes Objektiv IS ebenso.
Und kommt auch auf die Brennweite drauf an.
Und bei Video ist zusätzlich noch einiges möglich mit EIS und Gimbal.
Nicht zu vergessen das Stativ, inbses für einige Anwendungsfälle.
Last but not least:
Die Technik des Kamera (ruhig)haltens!
Ich kaufe mir seit vielen Jahren keine Kamera mehr ohne IBIS. Meine 1. Kamera mit IBIS, war die Olympus EM5, zu der Zeit fotografierte ich noch mit Nikon und hatte eine umfangreiche prof. Nikonausrüstung. Die Vorteile des IBIS bei Fotos von Kleintieren und Insekten waren einfach riesig, nicht immer lässt sich ein Stativ aufstellen, besonders nicht bei Verhaltensaufnahmen von Libellen, mein Steckenpferd. Was hab ich damals Nikon bekniet, eine Kamera mit IBIS und Klappdisplay zu bringen, die haben sich konsequent geweigert, also wechselte ich das System zu MFT. Der IBIS machte den kleineren MFT Sensor in vielen Fällen mehr als wett. Nikon brachte dann ein 2.8/105 mit OIS, das Objektiv, habe ich getestet und mit der Olympus EM5 mit IBIS verglichen, angeflanscht ein Sigma Makroobjektiv ohne OIS. Klarer Gewinnner die Olympus. Der IS des Nikkor 2.8/105 war im Nahbereich, so gut wie unwirksam, der OIS brachte nur im Fernbereich max 2 Blenden Gewinn. Diesen Wechsel zu MFT für Makro hab ich nie bereut. Meine heutigen Kameras sind in 1. Linie von Panasonic (MFT und L- Mount), bei vielen Objektiven ist Dual- IS möglich, so das der IS im Objektiv, mit dem IBIS in der Kamera zusammen arbeitet. Nach meiner Erfahrung… Weiterlesen »
An meiner Sony mit IBIS ist das Sucherbild mit Objektiven ohne OSS (z. B. 14 mm f/1.8 oder 28–70 mm) extrem ruhig, wie festgenagelt. Das macht das Arbeiten und Freihand-Komponieren angenehm und präzise, fast wie auf einem Stativ.
Bei Objektiven mit eigenem OSS (z. B. Makro oder Tele) ist das Sucherbild dagegen deutlich nervöser. Der Grund ist leider, dass die Stabilisierung hier nicht mit Priorität für das Sucherbild arbeitet, sondern versucht, die Linsen im Sweet Spot zu halten. Erst beim Auslösen wird dann „richtig“ stabilisiert, das Endergebnis passt also, aber das Live-Bild ist leider deutlich weniger stabil.
Ich finde das sehr schade und sogarnervig, weil es das Arbeiten spürbar unkomfortabler macht.
Geht’s euch da auch so? Von daher nutze ich lieber Objektive ohne OSS.
Man kan bei einigen OSS Objektiven das Verhalten ändern und die Priorität auf ein stabilisiertes Sucherbild legen, aber das Endergebnis wird dadurch schlechter, ich habe das zig mal getestet und ausgewertet.
Keine Ahnung ob das so auch bei den anderen Herstellern ist.
Der IBIS ist effektiver, wenn der Sucher nicht stabilisiert wird.
Bei einigen Olympus Kameras kann man im Menü wählen, ob der Sucher stabilisiert werden soll, ober nicht.
Panasonic hat es meines Erachtens nach gut gelöst:
Sucher wird stabilisiert, wenn man aber den Auslöser antippt, wird der Sucher nicht mehr stabilisiert, so das die Effektivität der Sensorstbilisierung erhöht wird.
Es gibt einige Details, die Sony verbessern könnte.
Oder wie bei Pentax der Bildstabilisator als Nebenprodukt sogar Sterne verfolgen kann.
Oft ist es nur Software, und das ist ärgerlich, wenn das Herzblut fehlt, um das hinzuzufügen.
Kann mich an mein EF-S 55-250mm IS STM erinnern, dass auch das Sucherbild stabilisiert wurde. Es gab dann natürlich “Sprünge”, wenn die Korrektur zu weit weggelaufen ist und wieder neutralisiert werden musste.
Bei einem 14mm lässt sich das Sucherbild natürlich immer einfacher stabilisieren als bei einem 600mm – das ist hoffentlich klar.
Mein Senf zur Bildstabilisierung.
Der IBIS hat das Mittelformat (GFX100 II) „Street“ tauglich gemacht. Besonders bei der gesuchten „Lichtsituation-Stimmung“ und etwas höheren ISO Werten sind bisher kaum mögliche Bilder auf der Speicherkarte die sonst nur mit Aufwand gefertigt werden konnten.
Mein anderes System (kein IBIS) macht bei schwierigen Beleuchtungssituationen nur dann scharfe Bilder wenn die persönliche Erfahrung des Fotografen zum Einsatz kommt.
Erschwerend hinzu kommt die individuelle Erwartungshaltung des Fotografen – was ist noch akzeptabel und was kann oder muss gelöscht werden.
Besonders deutlich werden „Fehler“ bei näherer Betrachtung eines Smartphone Bildes das zwar sehr gut stabilisiert – Details aber wegen „Glättung“ nicht mehr berücksichtigt werden.
Den IBIS möchte ich im Mittelformat genau so wenig wie den hellen großen Sucher missen. Es ist einfach ein Genuss mit dieser modernen Technik Bilder zu machen.
Mein Fazit: Mach dir keinen Kopf – moderne Technik erweitert deine fotografischen Möglichkeiten ohne das du dir große Gedanken machen musst.
“Besonders deutlich werden „Fehler“ bei näherer Betrachtung eines Smartphone Bildes das zwar sehr gut stabilisiert – Details aber wegen „Glättung“ nicht mehr berücksichtigt werden”
Es sprach der Fachmann, meinereiner bleibt nur noch der Applaus, was soll man noch sagen?
Beim Laberknochen kommt meinereiner hin und wieder der Verdacht auf, was der Minifurzsensor nicht kann erfindet die KI, kann mich aber auch irren. Nur wieso zwei GFXen fehlenden Kit in den Fugen auf dem Bild haben und das SP wenige Sekunden später nicht, dass versteht meinereiner nicht, ob da einer auf den heiligen Sonntag nachgefugt hat wage ich aber zu bezweifeln.
Mit dem IBIS im Mittelformat hast Du natürlich vollkommen recht, große Sensoren sind nun mal Segen und Fluch zugleich.
Als alter Klugscheißer möchte meinereiner aber noch anmerken, auch bei dem wundervollen IBIS einer GFX 100II möchte ich nicht auf meinen MIBIS verzichten, alles was ich nicht dattere braucht die arme Kamera auch nicht ausgleichen, man soll auch nicht immer alles der Kamera überlassen.
Als die a900 mit VF IBIS herauskam, spöttelten alle. Logisch der Rest der Welt hatte nur OIS. Mittlerweile hat sich die Welt gedreht und eine Kamera ohne IBIS kommt nicht mehr ins Haus.
Meine R8 hat keinen und ich vermisse ihn nicht allzu sehr.
Kleine Korrektur zur ersten optischen Stabilisierung – die wurde 1988 von Panasonic in der Videokamera PV-460 präsentiert und zum Patent angemeldet.
Nachzulesen direkt im Panasonic Lumix Magazin aus 2023: https://note.com/lumix_magazine/n/n48f7d063d62a
Muss man nur vom Japanischen ins Englische/Deutsche übersetzen.