Kameras OM System / Olympus

Wer ist JIP – und was haben sie mit Olympus vor?

Wir haben „Japan Industrial Partners“, den potenziellen Käufer der Olympus Kamerasparte, etwas genauer unter die Lupe genommen.

Olympus steht vor ungewisser Zukunft

Wie geht es mit Olympus weiter? Diese Frage beschäftigt nach der gestrigen Pressemitteilungen zum geplanten Verkauf der Olympus Kamerasparte die gesamte Branche.

Die kurze Antwort auf diese Frage lautet: Wir wissen es nicht. Doch klar ist, dass man sich – wenn man einer Antwort grundsätzlich näher kommen möchte – den potenziellen Käufer des Olympus Imaging Business etwas genauer anschauen sollte. Das wollen wir in diesem Artikel tun.

Wer ist „Japan Industrial Partners“?

Japan Industrial Partners (kurz: JIP) ist eine japanische Investmentfirma, die im Jahr 2000 gegründet wurde. Wir haben konkrete Angaben zu sieben Unternehmen gefunden, die in der 20-jährigen Firmengeschichte von JIP aufgekauft wurden. Fünf davon wurden nach einigen Jahren weiterverkauft. Die beiden Unternehmen, die zuletzt übernommen wurden, befinden sich nach wie vor im Besitz von JIP.

Hier die sieben Unternehmen, die Japan Industrial Partners gekauft und teilweise wieder verkauft hat. Die Jahreszahlen in Klammern zeigen, von wann bis wann sich das jeweilige Unternehmen im Besitz von JIP befand:

  • SII Micro Parts Co., Ltd. (2003 – 2007)
  • Rakuten KC Co., Ltd. (2004 – 2005)
  • Laserfornt Technologies, Inc. (2004 – 2007)
  • ITX Corp. (2012 – 2015)
  • BIGLOBE, Inc. (2014 – 2016)
  • VAIO Ltd. (2014 – ?)
  • KM Aluminium Co., Ltd. (2015 – ?)

Grundsätzlich kann man anhand dieses Einblicks in JIPs Portfolio festhalten, dass JIP normalerweise Unternehmen zu einem relativ günstigen Preis kauft, diese einige Jahre lang auf Vordermann bringt und sie anschließend wieder verkauft.

Oder anders gesagt: Japan Industrial Partners ist eine ganz klassische Investmentfirma. Hier geht es um Gewinn und schwarze Zahlen. Das klingt im ersten Moment schlecht, muss es aber nicht automatisch sein. Denn wenn JIP es schaffen sollte, aus der Olympus Kamerasparte ein profitables Unternehmen zu machen (das hat Olympus in den letzten Jahren vergeblich versucht), dann könnte sich irgendwann in Zukunft ein neuer Käufer finden, der das nötige Herzblut für einen langfristigen Erfolg mitbringt.

Olympus und JIP sind alte Bekannte

Wusstet ihr, dass JIP und Olympus alte Bekannte sind? Nein? Wir bis gerade eben auch nicht. Doch wenn man sich das Unternehmen „ITX“, welches Japan Industrial Partners im Jahr 2012 gekauft hat, etwas genauer anschaut, dann wird man feststellen, dass es sich dabei um Olympus ehemaliges Mobilfunkgeschäft handelt. Olympus war damals wegen eines milliardenschweren Bilanzskandals in Schieflage geraten und musste bzw. wollte sich von der Sparte trennen, dazu wurde die Olympus Tochter ITX aufgespalten und entsprechende Anteile an JIP verkauft. 2015 hat Japan Industrial Partners die ITX Corp. dann weiterverkauft. Das Ganze war für JIP übrigens ein Verlustgeschäft: 53 Milliarden YEN hat man 2012 an Olympus überwiesen, für 51,3 Milliarden YEN ging das Unternehmen 2015 dann an Nojima.

Wie macht JIP die Unternehmen wieder profitabel?

Besonders interessant für Olympus Kunden ist natürlich die Frage: Was hat JIP mit Olympus vor? Der grobe Fahrplan dürfte wie schon erwähnt klar sein, das Unternehmen soll wieder profitabel gemacht werden. Doch wie genau soll dieses Ziel erreicht werden?

Schauen wir uns dazu beispielhaft an, wie Japan Industrial Partners bei VAIO, der ehemaligen Computersparte von Sony, vorgegangen ist. Selbstverständlich weiß niemand genau, ob JIP bei Olympus einen ähnlichen Weg einschlagen wird, doch zumindest sind VAIO und Olympus Imaging Business Unternehmen, die einige Gemeinsamkeiten aufweisen. Beide sind in der Technologiebranche ansässig, beide verkauften zum Zeitpunkt der Übernahme Produkte auf der ganzen Welt.

JIPs Vorgehen bei VAIO

Sonys Computersparte wurde 2014 von JIP übernommen. Der erste Schritt war damals der Rückzug vom internationalen Markt, die Produkte wurden nach der Übernahme nur noch auf dem heimischen Markt in Japan angeboten. Außerdem wurden von den rund 1.000 Mitarbeitern nur zwischen 250 und 300 übernommen.

Erst nach einiger Zeit begann JIP mithilfe von Vertriebspartnern, wieder vorsichtig in andere Märkte zu expandieren. Das waren zuerst Länder wie Brasilien und die USA. In Deutschland wurden erst 2019, also nach insgesamt fünf Jahren, wieder VAIO Notebooks angeboten.

Sony hält an VAIO aktuell noch einen Minderheitsanteil im Bereich von 5-10 Prozent, außerdem ist der Name VAIO nach wie vor eine Handelsmarke der Sony Corporation. Grundsätzlich wäre es denkbar, dass mit Olympus ein ähnliches Vorgehen geplant ist. Das würde im weitesten Sinne zumindest sowohl zu den Aussagen von Olympus Deutschland („Ausgliederung an JIP“ mit „gemeinsamer Führung“) als auch zu den Aussagen der ursprünglichen Pressemitteilung (sinngemäß: Die Anteile werden an JIP übertragen und dann in ein neues Unternehmen überführt) passen.

Fazit

Es gibt verschiedene Szenarien, was Japan Industrial Partners mit Olympus vorhaben könnte. Dass das Unternehmen einen ähnlichen Weg wie mit VAIO einschlagen wird, würden wir aktuell als relativ wahrscheinlich einstufen. Erstmal das Unternehmen verkleinern, die Ausgaben drastisch reduzieren und anschließend auf der gesunden Grundlage von schwarzen Zahlen wieder versuchen, zu expandieren. Das ist im Grunde ja auch das, was Olympus selbst angekündigt hat: die Organisationsstruktur „schlanker, effizienter und agiler“ gestalten.

Ob Olympus Kamerasparte mit dieser Strategie neu aufblühen wird oder ob vielmehr der Weg ins absolute Nischendasein (oder schlimmer) vorprogrammiert ist, kann derzeit noch niemand genau sagen.

Wir werden uns in den nächsten Tagen in jedem Fall weiter mit dem Thema beschäftigen. Wenn ihr konkrete Fragen habt, denen wir nachgehen sollen, stellt sie einfach hier in den Kommentaren.

Quellen: mergr.com | JIP | Wikipedia

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joe

Welcher Investor soll sich denn in einen schrumpfenden Markt mit marginalen Gewinnaussichten in ein System einkaufen, das 2025 nicht mehr besser sein wird als ein Smartphone?

Tom

Ich vermute, dass es gar nicht mehr so lange dauern wird.

Franz

Vlt. liegt in dieser Problematik auch schon die Antwort bzw. ist es genau umgekehrt: eine MFT-Kamera (und im Prinzip auch alles sensormässige darüber) soll Die gleiche Qualität und einfachen Workflow wie ein Smartphone haben. Ist doch heute schon so, dass ein iPhone XS Photo out of phone (oder gleich innerhalb von 1 min bearbeitet und im Mail) für sehr viele auch berufliche Zwecke (Kommunikation, socialmedia, Dokumentation, teils Reportage) völlig ausreicht.
Wenn ich jetzt an der Kamera einen smartphonemode habe, der Softwaremässig das gleich oder sogar besser macht und inclusive einer Minute das Bild im Mail/online ist, dann wären wir wieder auf Gleichstand bzw. eine Kamera hat mit den zusätzlichen überlegenen Möglichkeiten eine Überlebenschance.
 
Also, liebe Marketingmenschen und Techniker bei Nikon, Canon usw: in Schönheit sterben hat eh was, aber Überleben wär besser.

Mace

Hey Mark, bei 43rumors wird sogar auf deinen Artikel hier hingewiesen und zitiert, am Ende wird das noch dein internationaler Durchbruch ??

Thomas Müller

Mark, super Arbeit von Dir! Du und niemand anderes fängt damit an Fakten über JIP zusammen zu tragen. Auch wenn immer noch nicht klar ist, wie es mit Olympus weitergeht, Deine Arbeit lässt aber zumindest begründet vermuten, dass die Kamerasparte von Olympus nicht morgen zerschlagen wird sondern ein ernsthafter Versuch der Sanierung unternommen werden soll. Genau dieses fixe Zerschlagen ist nämlich nicht das Geschäftsmodell von JIP, im Gegensatz zu anderen Investmentfirmen. Wie Mace bin ich auf Deinen Artikel über 43rumors aufmerksam geworden, auf der Du zitiert wirst. Du wirst also bereits international beachtet!

daniel

für ein unternehmen ist ein kundenbuch immer sehr wertvoll. wenn olympus sich nun wirklich aus allen ländern zurückzieht, außer dem heimatmarkt, könnten zu viele händler auf kosten sitzen bleiben. sich dann nochmal auf den hersteller einzulassen ist eine überwindung.
 
ich glaube es wäre sinnvoller beim produkt anzufangen. ein immer wieder genannter punkt war zum beispiel das einschalten auf der griffabgewandten seite. auch das gleiche display zu verwenden, das seitlich ausgeklappt wird, bevor man perspektiven einnehmen kann,… wie panasonic, halte ich für einen strategischen fehler. das ist interessant für videographen und darin ist panasonic einfach besser. olympus hat ein paar sehr interessante produkte auf dem markt. aber ich denke, daß der feinschliff fehlt. am beispiel fujifilm, sie waren sehr erfolgreich, weil sie eben nicht das machten was andere anboten. schade finde ich, daß sie jetzt wieder von dem weg abkommen. ich sah darin als ich einstieg die photokamera schlecht hin mit guten objektiven und hervorragender bildqualität.
 
ja olympus, ich kann mir vorstellen, daß ihr das auch könnt. hervorragende bildqualität. zurück zu den ursprüngen. und nebenbei auch mal auf den einen oder anderen kunden hören. eine tradition mit dem einschalter muss man dann getrost mal vergessen können.

Alfred Proksch

Was will ein Investor wie „Japan Industrial Partners“? Geld verdienen!
 
Hier ist mit Olympus ein weltweit bekanntes Unternehmen mit einer Schwachstelle (Foto Geräte) in Schieflage geraten und deswegen bestimmt zum Spottpreis zu haben.
 
Mit einem klugen Vertrag hat Olympus gleich mehrere Möglichkeiten sich die Hände in Unschuld zu waschen denn die unangenehmen Dinge erledigt der Investor JIP. Aus dem Olympus Finanzskandal im Jahr 2012 ist man klug geworden. Mit dem Verkauf der Kamera Manufaktur wird die Bilanz für die restlichen Sparten wieder sauber und somit für das Börsengeschäft wieder interessant.
 
Meines Erachtens war Olympus für die eigene Sanierung nicht liquide genug und konnte JIP als Geldgeber gewinnen. Trotzdem läuft dieses mal alles im rechtlich korrekten Rahmen ab. Leider werden keine Zahlen und noch keine konkreten Ziele bekannt gegeben.
 
Mark hat hier sicher wieder einmal gut gearbeitet, meinen Dank dafür!

Thomas Müller

Wenn wir nun vermutlich richtiger Weise davon ausgehen, dass Olympus Imaging weitergeführt wird, dann wird im Sanierungsfall natürlich alles bisherige hinterfragt werden. Neben personellen Entscheidungen wird zuallererst das Produktprogramm zur Diskussion gestellt werden und hier vor allem die Frage, ob Olympus tatsächlich bei mFT (alleine) bleiben soll. In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an Patentanmeldungen von Olympus, über die auch Mark berichtete, die VF betroffen hatten. Soweit ich mich erinnere betraf dies sowohl Kameras als auch Objektive. Diese Zäsur der Sanierung könnte genau dies nun forcieren, nämlich ein Einstieg von Olympus ins VF. Bis auf Fuji suchen ja alle etablierten japanischen Kamerahersteller ihr Heil im VF und zumindest Vorentwicklungen im Bereich VF existieren bei Olympus ja bereits, wie die Patentanmeldungen zeigen. Das ist natürlich nur meine Spekulation, ich halte sie aber für alles andere als abwegig, falls Olympus nicht mit den hochpreisigen High-End VF-Kameras sondern mit preisgünstigen Einstiegkameras beginnen würde. Die L-Allianz mit bereits existierenden Objektiven stünde bereits bereit. Kooperationen mit anderen japanischen Herstellern könnte ich mir auch vorstellen. In Japan hat es ja auch Tradition, dass von staatlicher Stelle für in Not geratene japanische Unternehmen Hilfe von anderen japanischen Unternehmen „organisiert“ wird.

Thorsten

Hallo Mark,
danke für den Artikel!

Pa Teese

JIP hat bis vor kurzem unter der „Marke“ VAIO Dreckshardware abgeliefert und das Marken Image von Sony VAIO genutzt
 
mehr muss man zu dem verkauf nicht mehr schreiben
https://www.youtube.com/watch?v=uBkoAam3PEI

Dominik

ja, das Video habe ich auch gerade gesehen. Man kann über die Northrups denken was man möchte. Viele haben auch nicht die Fähig kritisch zu reflektieren. Aber in diesem Video haben sie leider erneut recht. JIP wird Olympus als Fußabtreter benutzen. Das sind Geschäftsleute, die aus sind auf eine schnelle Münze. Da wird klein gehackt was nur geht und der Rest läuft auf einer billigen Sparflamme weiter

joe

Also, noch hat JIP nichts vor, da – wie ich gelesen habe – die due diligence (also die Prüfung aller internen Papiere) erst im September abgeschlossen sein wird. Bevor das nicht abgeschlossen ist, ist gar nichts unterschrieben und unter Dach und Fach. Habe dies bei der geplanten Übernahme des Vitamin B12 Geschäfts von Rhone-Poulenc selbst miterlebt. Die Prüfung der internen Papiere viel nicht so aus wie von uns erwartet und die eigentlich schon inoffiziell beschlossene Übernahme scheiterte in letzter Minute.

David

Das (geplante, nicht vollzogene) Olympus Spin-Off ist ein Anschauungsbeispiel dafür, dass die diversen Imaging Foren vor allem eines sind: Ein Bühne, auf der Sachkenntnis-freie Selbstdarsteller ihre noch so abstrusen Unausgegorenheiten in den öffentlichen Raum stellen können. Zum Beispiel darüber, welche Strategie eine Investmentfirma wie JIP verfolgen wird, wenn es zu der Ausgründung der Imagingsparte von Olympus in eine neue eigenständige Firma („NewCo“) tatsächlich kommen sollte. Jeder vernünftige Betrachter wird doch angesichts der verfügbaren Sachinformationen sagen müssen: Ich weiß es nicht. Insofern Dank an Herrn Göpferich, dass er sich an die (mageren) Fakten hält. Vielleicht noch folgende ergänzenden Backgrounds. JIP gehört über Mizuho Sercurities zur Mizuho Financial Group, eine der größten Japans und weltweit. Das ist insofern wichtig, dass JIP also in die Familie der japanischen Großfinanz eingebettet ist und insofern Zugang zu einem weltweiten Finanz-Netzwerk, japanischen, Investoren und Know How hat.   Wenn man sich etwas genauer mit den japanischen Geschäftsgepflogenheiten beschäftigt hat, die immer an gesichtswahrenden Lösungen innerhalb der japanischen Großfamilie orientiert sind, und mit einbezieht, dass Olympus ein Teil der den Weltmarkt beherrschenden Kamera-Industrie ist, dann darf man folgern, dass es ein übergeordnetes Interesse aller Beteiligten gibt, eine konstruktive Lösung zu finden, die nicht in eine Zerschlagung oder… Weiterlesen »

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