Kann Skylum mit der Software Aperty das Versprechen einlösen, schnelle und professionelle Ergebnisse bei der Bearbeitung von Porträts zu liefern?
Die Retusche von Porträtfotos ist oftmals ein langwieriger Prozess, der viel Erfahrung erfordert. In der Werbeindustrie gibt es oft Retuscheure (oder Bildbearbeiter), die im Grunde nichts anderes machen. In größeren Studios wird diese Person auch Digital Artist oder Bildbearbeitungsspezialist genannt. Ihre Intention ist es, Porträtaufnahmen zu verfeinern und zu verbessern.
Dazu gehören Prozesse wie das Glätten der Haut, das Entfernen von Unreinheiten, das Aufhellen der Zähne, das Reduzieren von Falten oder das Beseitigen von Augenringen. Auch das Modellieren von Gesichtspartien und das Auftragen oder Verbessern von Make-up gehören zu den Aufgaben der Porträtretusche. Ziel ist es oft, die natürliche Schönheit der Person hervorzuheben, ohne künstlich zu wirken. Ob das gefällt oder nicht, steht auf einem anderen Blatt.
Dennoch gibt es Bereiche, wie die Businessfotografie, die Hochzeitsfotografie oder auch die Werbefotografie, in denen oft erwartet wird, dass ein Foto bestimmten ästhetischen Standards entspricht. Neben der Erwartungshaltung des Auftraggebers oder Betrachters kann die Porträtretusche auch dem eigenen künstlerischen Ausdruck dienen.
Häufig verwendete Software für solche Aufgaben sind unter anderem Photoshop oder Affinity Photo, wo die Retusche häufig mit Masken und Ebenen durchgeführt wird. Gerade in Photoshop gibt es bereits die eine oder andere KI-Funktion, die bei der Verbesserung von Porträtaufnahmen hilft.
Aperty seit dem 7. November 2024 verfügbar
Die Firma Skylum, die sich bereits mit Luminar Neo einen Namen gemacht hat, will mit der Software Aperty die Porträtretusche mit künstlicher Intelligenz vereinfachen und verbessern. Der Preis ist mit 26,90 € pro Monat oder 269 € pro Jahr ambitioniert und so sind auch die Erwartungen an diese Software etwas höher.
Warum überhaupt eine spezielle Software für die Porträtretusche? Viele kommerziell erhältliche Anwendungen sind mittlerweile in der Lage, den Anwender mit KI zu unterstützen. Wenn jedoch eine ganze Serie von Bildern retuschiert werden soll, ist der Aufwand oft enorm. Viele komplexe Arbeiten und manuelle Anpassungen erfordern ein erhebliches Maß an Zeit und Erfahrung.
Hier liegt eines der Hauptargumente für Aperty: Durch die Automatisierung der Retusche sollen Arbeiten, die sonst viel länger dauern würden, in einem Bruchteil der Zeit erledigt werden. Dank der Stapelverarbeitung kann das Verfahren auch auf eine ganze Serie von Bildern angewendet werden. Die KI der Software benötigt dabei keine Internetverbindung.
Wie gut das Ganze in der Praxis funktioniert? Das habe ich für euch ausprobiert.
Über den Autor:
Jürgen Wolf ist seit über zwei Jahrzehnten als Autor von Büchern und Artikeln zum Thema Fotografie tätig. Viele seiner im Rheinwerk Verlag erschienenen Bücher drehen sich um das Thema Bildbearbeitung und beschäftigen sich mit Programmen wie Photoshop, Capture One oder Luminar Neo. Jürgen nutzt Aperty bereits seit der Beta-Version und hat jetzt die Release-Version ausgiebig für euch getestet.
Ein Projekt mit Aperty anlegen
Nach dem Start von Aperty wird zunächst ein Projekt mit Porträtaufnahmen angelegt. Über den zweiten Button oben links gelangt man in die Projektübersicht. Per Drag & Drop können wir nun die zu bearbeitenden Aufnahmen hinzufügen. Neben herkömmlichen Bildformaten wie JPEG kann natürlich auch das RAW-Format verwendet werden. Nachdem das Projekt angelegt wurde, werden die Bilder in einem ausblendbaren Filmstreifen am unteren Rand angezeigt, wo wir das zu bearbeitende Bild auswählen können. Und wenn nötig: Auch nachträglich können wir jederzeit Bilder zum Projekt hinzufügen oder entfernen.
Presets festlegen
Ich persönlich beginne mit einem Preset. Aber das ist eine Frage des persönlichen Geschmacks. Skylum bringt von Haus aus viele nützliche Presets mit und in Zukunft werden sicher noch mehr über den Shop erhältlich sein. Presets sind gespeicherte Voreinstellungen, die man jederzeit mit den verschiedenen Reglern an seine persönlichen Bedürfnisse anpassen kann. Es ist auch möglich, eigene Presets zu erstellen und abzuspeichern. Dies soll hier aber nicht weiter vertieft werden. Ich wähle an dieser Stelle das Preset Verbessern.
Maskierung verwenden
Aperty bietet auch die Möglichkeit, Masken zu verwenden. Zur Auswahl stehen automatische Masken für eine Person, den Hintergrund oder den Himmel. Für die Masken gibt es weitere Optionen, wie das Hinzufügen oder Entfernen von Bereichen mit einem Pinsel, einem Verlaufswerkzeug oder einem radialen Verlaufswerkzeug. Die Masken können auch invertiert, gefüllt oder gelöscht werden. Auf diese Weise könnt ihr die Person, den Hintergrund oder den Himmel partiell bearbeiten. Es ist natürlich auch möglich, Masken nur mit dem Pinsel, dem Verlaufswerkzeug oder dem Radialen Verlaufswerkzeug zu erstellen. Eine Maske für den Luminanzbereich gibt es ebenfalls. Ich finde die Maskenfunktion insgesamt gut gelungen und intuitiv. Man kann damit auch sehr gut mit Bildern arbeiten, die keine Porträtaufnahmen sind.
Leider sind die automatischen Maskenfunktionen wie Person(en) maskieren nicht immer sehr genau und man muss nacharbeiten. Das macht die Konkurrenz schon deutlich besser. Zum Vergleich habe ich hier z.B. Adobe Lightroom mit Motiv auswählen verwendet.
Bild zuschneiden und Fehler beseitigen
Bevor ich ein Bild bearbeite, passe ich bei Bedarf den Ausschnitt und das Seitenverhältnis an. Dabei bietet Aperty auch das Drehen und Spiegeln an. Für die Korrektur optischer Fehler gibt es Optionen gegen Verzeichnung, Defringing, chromatische Aberration, Vignettierung und bei Bedarf auch eine Transformationsmöglichkeit.
Wesentliche Bearbeitung des Bildes
Für die grundlegenden Bildeinstellungen stehen alle notwendigen Werkzeuge für Belichtung und Farbe zur Verfügung. Außerdem gibt es eine Gradationskurve, Werkzeuge zum Schärfen und Nachbearbeiten feiner Details, Rauschunterdrückung und die Erzeugung von Schwarzweißbildern, bei denen die einzelnen Farbkanäle angepasst werden können. Also alles, was ein echter RAW-Konverter normalerweise bietet. Grundsätzlich kann man Aperty daher auch für Bilder verwenden, die keine Porträtaufnahmen sind.
Die Werkzeuge sind allerdings keine Neuentwicklungen und wurden vermutlich von Luminar Neo an Aperty angepasst. Wenn ihr Bilder im RAW-Format verwendet, findet ihr hier auch Kameraprofile zur Auswahl. Dies ist jedoch abhängig vom Kamerahersteller. So finden sich die beliebten Fujifilm-Filmsimulationen nicht unter den Kameraprofilen. Dieses Problem kennt man allerdings schon von Luminar Neo. Hat man ein Preset ausgewählt, wurden hier bereits einige Werte in den Grundeinstellungen verändert und man kann nun die Feinabstimmung vornehmen. Die einzelnen Werkzeuge lassen sich teilweise auch auf Masken anwenden. So benutze ich z.B. den Pinsel, um einzelne Bereiche wie Haare, Bart oder Augen im Bild nachzuschärfen.