Ob sich die Anschaffung von Aperty als Porträtsoftware für Kunden von Luminar Neo lohnt, wollen wir in diesem Artikel etwas genauer untersuchen.
Preise im Vergleich
Aperty von Skylum, eine Spezialsoftware für Porträtfotos, ist nun seit einigen Tagen verfügbar und die Meinungen gehen weit auseinander. Vor allem das Preis-Leistungs-Verhältnis wird oftmals bemängelt. Gerade als Anwender von Luminar Neo fragt man sich, ob sich die Anschaffung von Aperty überhaupt lohnt. Immerhin bietet Luminar Neo auch einen Werkzeugbereich für Porträts, in dem ihr die Grundeigenschaften von Porträtaufnahmen verbessern könnt. Zudem finden sich viele bekannte Werkzeuge von Luminar Neo auch in Aperty wieder.
Aperty ist inzwischen nur noch als Abo ab 269 Euro im Jahr (oder 26,90 Euro im Monat) erhältlich, Luminar Neo bekommt ihr aktuell im Black-Friday-Deal für 69 Euro mit lebenslanger Lizenz. Für Aperty wird es zum diesjährigen Black Friday kein Angebot geben, das hat uns Skylum per E-Mail mitgeteilt.
Wollt ihr mehr zum neuen Porträt-Editor Aperty erfahren, der schnelle und professionelle Ergebnisse bei der Porträtbearbeitung verspricht, findet ihr hier meinen ausführlichen Testbericht dazu.
Wann kommt Aperty in Frage und wann nicht?
Relativ einfach dürfte die Entscheidung sein, wenn ihr z.B. folgende Genres bevorzugt: Naturfotografie, Landschaftsfotografie, Tierfotografie, Makrofotografie, Architekturfotografie, Straßenfotografie, Foodfotografie, Produktfotografie oder Stillleben. In diesem Fall braucht ihr diesen Artikel nicht weiter zu lesen, weil Aperty euch keinen Mehrwert bieten wird.
Schon anders sieht es aus, wenn ihr bevorzugt Menschen ablichtet. Aber auch hier kommt es darauf an, zu welchem Zweck ihr die Personen fotografiert. Für Freunde und Familie, Reportagen und Dokumentationen oder Sportfotografie benötigt ihr in der Regel eher keine spezielle Porträtbearbeitungssoftware.
Wer dagegen mehr in Richtung Businessfotografie, Hochzeitsfotografie, Eventfotografie oder Werbefotografie arbeitet, wird häufiger auch die Personen auf den Bildern retuschieren müssen. Diesbezüglich dürftet ihr eventuell von den Funktionen von Aperty profitieren, die in Luminar Neo nicht zur Verfügung stehen.
Was macht Aperty anders als Luminar Neo?
Obwohl sich die beiden Programme in vielen Funktionen ähneln, gibt es einige Punkte, bei denen sie sich deutlich unterscheiden:
- Workflow und Funktionen: Aperty richtet sich klar an professionelle Porträtfotografen, was sich auch im Aufbau der Benutzeroberfläche widerspiegelt, die in der Reihenfolge eines typischen Porträtbearbeitungs-Workflows angeordnet ist. Dadurch können Porträts wesentlich schneller und zielgerichteter bearbeitet werden. Bei Luminar Neo wird hier nur ein zusätzlicher Werkzeugbereich namens Porträt verwendet.
- Stapelverarbeitung: Die Stapelverarbeitung in Aperty beschränkt sich nicht nur auf Belichtungs- und Farbkorrekturen, sondern ermöglicht auch das schnelle Kopieren und Einfügen von Hauttönen, Make-up oder Gesichtszügen. Also einfach alle Anpassungen, die ihr mit Aperty am Gesicht vorgenommen habt. Das spart viel Zeit und sorgt für ein einheitliches Ergebnis. Etwas eingeschränkter kann die Stapelverarbeitung (aus dem Werkzeugbereich Porträt) auch in Luminar Neo verwendet werden.
- Neue Technologie: Laut Skylum wurde für Aperty eine neue Technologie entwickelt, die genauere Ergebnisse bei den Anpassungen der einzelnen Gesichtsbereiche ermöglicht. Dabei wird auch nach Geschlecht und Alter der Personen unterschieden. Dies erlaubt eine wesentlich präzisere Retusche als in Luminar Neo.
Wer macht eine bessere Haut?
Schon beim ersten Vergleich zur Entfernung von Hautunreinheiten arbeitet Aperty gezielter und intelligenter. Im Gegensatz zu Luminar Neo bietet Aperty mehr Regler, um z.B. die Sommersprossen entfernen, die Hautfarbe korrigieren oder die Haut zu glätten, ohne dabei die Natürlichkeit zu zerstören. Zusätzlich findet ihr dann noch weitere Details-Regler zur Feinabstimmung vor. Die Möglichkeiten für Augen und Mund sind bei beiden Anwendungen sehr ähnlich.
Die Ergebnisse mit Aperty sind etwas besser und die Haut ist detaillierter. Aperty retuschiert auch deutlich wirksamer bei unreinerer Haut. Hier bekommt ihr mit Aperty eine höherwertige Hautanpassung als mit Luminar Neo. Hierbei stoßt ihr mit Luminar Neo recht schnell an die Grenzen.
Zwar könnt ihr manuell mit dem Radieren-Werkzeug die Hautunreinheiten korrigieren, aber bei vielen Porträts kann das eine recht aufwendige Arbeit sein, da ihr diese Bereiche nicht einfach auf andere Porträts kopieren und einfügen könnt, wie es bei den Anpassungen von Gesichtsmerkmalen in Aperty der Fall ist.
Gesicht und Körper formen
In Luminar Neo können nur die Augen vergrößert, das Gesicht geschmälert und die Körper- und Bauchform verändert werden. Aperty bietet euch hier mehr Möglichkeiten zur Anpassung einzelner Gesichtspartien und zusätzliche Regler für Augenbrauen, Nase und Mund an. Die Funktionen bieten sich an, um Gesichtszüge subtil zu optimieren oder kreativ zu verändern.
Gesichts-Make-up auftragen und verbessern
In Luminar Neo gibt es außer den Lippen keine Möglichkeit, Make-up aufzutragen oder zu verbessern. Aperty bietet hier Make-up-Funktionen an, die allerdings sehr dezent arbeiten und keinen Maskenbildner ersetzt. Leider arbeitet das Make-up-Werkzeug je nach Bildmaterial auch mal etwas ungenau und zieht schon mal einen Lidstrich, wo ich ihn nicht haben will.
Bei Luminar Neo besteht die Alternative das Make-up manuell mit einer Maskierung zu machen. Spätestens wenn ihr aber mehrere Bilder per Stapelverarbeitung bearbeiten möchtet, stößt ihr mit Luminar Neo mit der partiellen Bearbeitung an seine Grenzen.
Es fehlt eine Funktion zum Verfeinern von Masken
Bei der Maskierung liegen Luminar Neo und Aperty etwa gleichauf. Leider gibt es unter beiden Programmen kein Werkzeug, um die Masken zu verfeinern, weshalb ihr hiermit nicht so genau arbeiten könnt, wie es bei anderen Anwendungen der Fall ist. Wenn ihr z.B. bei einer Studioaufnahme die Hintergrundfarbe anpassen wollt, klappt das leider nicht immer so gut. Das erwarte ich aber von einer Porträtanwendung, wenn sie Maskenfunktionen anbietet.
Foto-Übersicht fehlt bei Aperty
Im Gegensatz zu Aperty verfügt Luminar Neo über eine Katalogverwaltung, mit der ihr die Bilder in einer Rasteransicht visuell durchsuchen könnt. Das ist sehr hilfreich, wenn ihr einzelne Aufnahmen aus Hunderten von Bildern heraussuchen möchtet. Aperty hingegen hat nur einen Filmstreifen, in dem ihr die zum Projekt hinzugefügten Aufnahmen unten auswählen könnt.
Bei kleineren Projekten mit 10 bis 20 Bildern ist das in Ordnung, aber wenn ihr aus einer Serie mit mehreren hundert Aufnahmen ein Bild unten im Filmstreifen heraussuchen müsst, ist das doch ziemlich mühsam. Hier wünsche ich mir auch in Aperty eine Rasteransicht, um Bilder für die Bearbeitung auszuwählen.
Warum kein Hintergrundaustausch mit Aperty?!
In Aperty fehlt meiner Meinung nach der Austausch des Hintergrundes. Ich würde es nicht erwähnen, aber da es mit Luminar Neo möglich ist, sei es hier angemerkt. Gerade in der Studiofotografie mit einfarbigem Fotohintergrund möchtet ihr vielleicht einen neuen Hintergrund mit Texturen einfügen.
Luminar Neo bietet z.B. als zusätzliche Erweiterungen die Werkzeuge Generatives Löschen, Generatives Ersetzen und Generatives Erweitern. Natürlich könnt ihr den Hintergrund in Luminar Neo auch ohne diese Erweiterungen austauschen. Aber diese Option hätte ich in Aperty erwartet. Hier hat Skylum Potential verschenkt.
Einzelne Personen in einem Foto bearbeiten
Eine Option, die hier noch für Aperty sprechen sollte, ist, dass ihr bei mehreren Personen im Bild jede Person einzeln bearbeiten könnt. Hierzu müsst ihr nur die entsprechende Person in einer Miniaturvorschau im Bereich Menschen auswählen. Das ist ein sehr nützliches Feature und muss in Luminar Neo über Masken gelöst werden.
Fazit: Bietet Aperty einen Mehrwert gegenüber Luminar Neo?
Grundsätzlich möchte ich an dieser Stelle betonen, dass keine der beiden Anwendungen per se schlecht ist. Die Frage lautet vielmehr, ob die Anwender von Luminar Neo mit Aperty einen Mehrwert erhalten. Mit Aperty erzielt ihr definitiv bessere Ergebnisse beim Hautbild und auch der Workflow ist deutlich auf die Bearbeitung von Porträts abgestimmt.
Ein weiterer Vorteil ist die Stapelverarbeitung, die es euch ermöglicht, dasselbe konsistente Resultat auf viele Porträts anzuwenden. Dennoch vermisse ich in Aperty einige Dinge. Es wäre schön, den Hintergrund wie in Luminar Neo austauschen zu können, und ein Werkzeug zur Verfeinerung der Masken würde sich auch als sehr hilfreich erweisen. Das Sortieren und Auflisten aller Fotos im Filmstreifen scheint mir für ein Porträtbearbeitungsprogramm nicht zeitgemäß. Für mich ist das Aussortieren der Bilder normalerweise der erste Schritt am Ende einer langen Fotosession.
Und dennoch: Wenn die Porträtfotografie euer Steckenpferd und Photoshop nicht eure erste Wahl ist, dann findet ihr mit Aperty im Gegensatz zu Luminar Neo einen geeigneteren Begleiter für die reine Porträtbearbeitung. Der Workflow ist hier gezielt auf den Porträtfotografen ausgerichtet und die Werkzeuge für die Porträtretusche sind einen Tick besser und bieten mehr Möglichkeiten.
So kommt ihr wesentlich schneller und zeitsparender ans Ziel und erhaltet in der Regel qualitative und natürliche Ergebnisse. Allerdings zu einem saftigen Preis. Vielleicht wäre es eine gute Strategie gewesen, die neuen Porträtfunktionen von Aperty als kostenpflichtiges Upgrade für Luminar Neo anzubieten. Damit würde man zumindest auch die treuen Bestandskunden von Luminar Neo belohnen.
Wenn ihr bereits mit Luminar Neo arbeitet und nur gelegentlich Porträts fotografiert, braucht ihr Aperty nicht wirklich. Auch mit Luminar Neo lassen sich gute Ergebnisse erzielen und bei Bedarf können fehlende Funktionen wie Make-up über Masken realisiert werden. Darüber hinaus bietet Luminar Neo mit dem Hintergrundtausch und einer Bildverwaltung noch nützliche Optionen, die ihr in Aperty nicht findet.
Alternative Programme zur Bearbeitung von Porträtfotos
Es gibt interessante, spezialisierte Alternativen zu Aperty für die Bearbeitung von Porträtfotos, die je nach Workflow oder persönlichen Vorlieben mehr oder weniger geeignet sind, etwa Retouch4me, PortraitPro, Reblum, Evoto oder ON1 Portrait AI. Sollen wir vielleicht in einem späteren Artikel auf die eine oder andere Anwendung näher eingehen? Dann lasst es uns gerne in den Kommentaren wissen.
Was denkt ihr, gerade wenn ihr schon Nutzer von Luminar Neo seid? Ist Aperty für euch interessant oder reichen euch Luminars Porträtfunktion?