Nikon Marktgeschehen

Patentstreit: Nikon weist alle Vorwürfe von sich

Nikon wird aktuell von RED verklagt, weil sie mit einer Videokompression in der Z9 Patente verletzen sollen. Die Japaner sehen das anders.

Kompression sorgt für Streitigkeiten

Vielleicht hattet ihr sogar unseren Beitrag vor ein paar Monaten gelesen, in dem wir berichtet hatten, dass Nikon sich mit einer Klage von RED befassen muss. Geht es nach dem Unternehmen, das vor allem für seine teuren Videokameras für große Kino- und Fernsehproduktionen bekannt ist, verletzt Nikon mit der Dateikomprimierungstechnologie N-RAW in der Z9, das per Firmwareupdate nachgeliefert wurde, ein Patent, das ursprünglich von RED eingereicht wurde. Jetzt hat sich Nikon zu den Vorwürfen geäußert.

In einem umfangreichen Dokument streitet Nikon alle Anschuldigungen ab. Nikon räumt zwar ein, dass es von den zahlreichen Klagen wusste, die RED in der Vergangenheit wegen ähnlicher Verstöße eingereicht hat. Nikon argumentiert aber, dass die von RED vorgebrachten Ansprüche „ungültig“ seien, da sie „die Bedingungen für die Patentierbarkeit nicht erfüllen“.

RED soll Kamera vor Patentantrag verkauft haben

Unter anderem das US-Patent 8,174,560 beschreibt laut dem Dokument eine Videokamera, die so konfiguriert werden könne, dass sie Videodaten verlustfrei komprimiere. Dafür würden blaue und rote Bilddaten in einer Weise transformiert, die die Komprimierbarkeit der Daten verbessere. Der Nutzer könne schließlich die roten und blauen Daten rekonstruieren, um die ursprünglichen Rohdaten zu nutzen.

Laut Nikon hätte das Patent von RED niemals von der zuständigen Behörde durchgewunken werden dürfen. RED habe laut den Japanern ein Produkt mit entsprechender Technologie bereits 2006 zum Verkauf angeboten, unter anderem bei der National Association of Broadcasters (NAB), und dies nicht dem Patentamt mitgeteilt. Wäre es darüber informiert worden, hätten sie das Patent angeblich nicht akzeptiert.

Nikon sagt, dass kein Schaden entstanden wäre

Nikon führt weiter aus, dass RED keinen Anspruch auf Unterlassungsanspruch hat, da sie nicht nachweisen könnten, dass es irgendeinen (nicht wiedergutzumachenden) Schaden für eine der angeblichen Patentverletzungen erlitten hätten. Dementsprechend bittet Nikon das Gericht, alle Klagen abzuweisen und dem Unternehmen die Prozesskosten zuzusprechen, die es bisher getragen hat, um auf die Klage von RED zu reagieren. Nächster Schritt ist wohl eine Zusammenkunft mit einem Richter am 10. November 2022 – dann wissen wir mehr.

via: PetaPixel | Beitragsbild (Montage): Nikon/Steven Erixon

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Leonhard

Bin mal gespannt, ob Nikon damit durchkommen wird!

„Die Behörde hätte gar kein Patent erteilen dürfen“, mag ja sein, haben sie aber getan, somit muss zumindest aus meiner Sicht der Dinge sich der Wettbewerb an dieses Patent halten und wenn dem so ist, dann kann man versuchen, einen Regress gegen die Behörde durch zu setzen.

Wenn ich eine Baugenehmigung habe und hätte die so nie bekommen dürfen, dann steht das Haus, wie die Behörde die Kuh vom Eis bekommt wird einem Bauherren egal sein.

Ralle Art

Das mit dem Haus gibt es so nur in Deutschland. Andere Länder kennen das nicht. Dann kommt der Bagger.

Leonhard

Nun ja, lieber Ralle,

ohne nun wieder das Politbarometer aufmachen zu wollen kann man Staaten so oder so nicht vergleichen, bei einem die Sache, beim anderen eine andere, finden kann man überall was. Hier gehen wir mit der Blaskapelle zum Notar, bekommen den Vertrag vorgelesen, aus einer Zeit, als die meisten Menschen nicht lesen und schreiben konnten, heute können dies auch wieder viele nicht, vorlesen ist aber Unsinn, weil viele Kunden auch kein Deutsch sprechen.

Und schon seit Jahren gilt der Spruch: Bis man in Deutschland alle Baugenehmigungen hat schaun in vielen Ländern schon die Mieter aus der Bude. Aber wie gesagt, andere Länder, andere Sitten!

100carat

„RED habe laut den Japanern ein Produkt mit entsprechender Technologie bereits 2006 zum Verkauf angeboten, unter anderem bei der National Association of Broadcasters (NAB)

Wenn dem so ist und Nikon das im Rahmen der vorgegebenen Frist juristisch einwandfrei nachweisen kann, warum strengen sie kein IPR beim Patent Trial and Appeal Board an? Das kostet zwar summa summarum einen sechsstelligen Betrag, aber sollte Nikon gewinnen, ist RED das Patent los und Nikon hat seine Ruhe. Verlöre Nikon, würde es natürlich noch teurer werden und die betreffende Software müsste gelöscht werden. Wie sie das allerdings bei den ausgelieferten Exemplaren der Z9 sicherstellen wollen … da bliebe wohl nur eine Kompensationssumme an RED für die x-fache Patentverletzung = Summe aller bis zum dem Zeitpunkt verkaufter Z9 mal Strafe pro Patentverletzung.

Thomas Müller

Soweit mir bekannt ist, können in IPR-Verfahren nur schriftliche Dokumente wie Patentschriften und andere Druckpublikationen als Stand der Technik verwendet werden. Nikon macht aber eine sog. offenkundige Vorbenutzung einer Kamera geltend, die somit kein relevanter Stand der Technik für ein IPR-Verfahren ist. Wie es aussieht hat RED ja bereits in den USA eine Verletzungsklage gegen Nikon eingereicht. Nikon kann sich also mit der fehlenden Patentfähigkeit aufgrund der angeblichen offenkundigen Patentverletzung auch vor dem Verletzungsgericht verteidigen. Da könnte für Nikon übrigens schon alleine der Umstand hilfreich sein, dass RED den ihnen bekannten Stand der Technik der eigenen älteren Kamera nicht dem USPTO als relevanten Stand der Technik in einem IDS angegeben hatte. Unabhängig davon, ob dieser Stand der Technik tatsächlich das Patent zu Fall bringt kann das als „Betrug“ des US-Patentamts in Form eines Zurückhaltens von Stand der Technik gewertet werden, was dann dazu führen könnte, dass das Patent nicht mehr durchsetzbar ist. In den USA wird diese Pflicht der Patentanmelder sehr ernst genommen, von sich aus dem Patentamt sämtlichen dem Anmelder bekannten relevanten Stand der Technik zu melden.

Conny

Für Patente gibt es natürlich nach der Bekanntgabe relativ lange Einspruchsfristen 9 Monate oder so.
Jeder kann Einspruch erheben.
Erst danach ist es rechtskräftig das war’s dann, ab da ist es quasi zementiert.

Zitat:“… da sie nicht nachweisen könnten, dass es irgendeinen (nicht wiedergutzumachenden) Schaden für eine der angeblichen Patentverletzungen erlitten hätten. …“

Canon und viele anderen zahlen Lizenzgebühren aber Nikon erzeugt keinen Schaden?

Haben die keine einzige Z9 verkauft?

Die sind lustig drauf die Japaner wohl zu viel Sake getrunken 😉

100carat

Wenn´s so einfach wäre, Conny. Zementiert ist auch nach der Patenterteilung nichts. Aber danach wird jeder Angriff des jeweiligen Patentes ungleich teurer und die entsprechenden Verfahren ziehen sich bisweilen über Jahre – wobei es sowohl vom Ablauf, den Rahmenbedingungen und den entstehenden Kosten erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern gibt. Das Patentrecht ist eine äußerst vielschichtige Materie.

Conny

Ja weiß ich!

Nenn mir aus dem Bauch raus kurz und schmerzlos 3 relevante Patente welche in den letzten 10 Jahre nach der rechtskräftigen Vergabe wieder zurück gezogen wurden.

Das geht eigentlich nur wenn extreme kriminelle Energie, Betrug der Gleichen dahinter steckt.

Patente die mal vergeben und rechtskräftig wurden stellen eine wichtige Rechtssicherheit für den Patentinhaber dar.
Ansonsten könnte jeder Dödel Jahre später kommen und es anfechten.

Nicht umsonst sind die Einspruchsfristen lang und der Aufwand zum Einspruch gering.

Unsere Patentabteilung macht zu 90% nichts anderes als Recherche über neue für unsere Firma relevanten Patentanträge aus der ganzen Welt.

Thomas Müller

Um diese 3 Patente zu finden, die in den letzten 10 Jahren nach Erteilung wieder gelöscht wurden kannst Du für Deutschland auf der Seite des Bundespatentgerichts recherchieren, dort werden Entscheidungen der 6 Nichtigkeitssenate veröffentlicht, die sich mit Nichtigkeitsklagen nach Ablauf der Einspruchsfrist beschäftigen. Vor diesen 6 Nichtigkeitssenaten kann tatsächlich jeder Dödel auch noch Jahre später nach Erteilung Patente anfechten 😊. Das macht nur nicht jeder Dödel, weil mit Nichtigkeitsklagen ein erhebliches Kostenrisiko verbunden ist.

Conny

OK dann wird es ja alles kein Problem für Nikon sein.

Bin ich mal gespannt wie das ausgeht.

Ich persönlich tippe mal folgende Wahrscheinlichkeiten die sicher völlig falsch und daneben liegen 😉

0.1% Patent fällt
0.1% Nikon nimmt die Z9 vom Markt
99.8% Nikon bezahlt

Zur Info, aber das ist sicherlich vielen bekannt, Apple hat das Compressed RAW Patent von RED um 2019 schon angefochten und kam nicht durch.

Thomas Müller

Niemand behauptet, dass das für Nikon kein Problem ist. Nikon wird aber sicherlich die Patent- und Lizenzsituation zum RED-Patent auch kennen und sich etwas dabei gedacht haben, warum sie diese Kompressionstechnologie ohne Lizenzierung nutzen. Ich gehe davon aus, dass Nikon auch den von Dir genannten Angriff von Apple auf das Patent kennt. Vermutlich wird aber Nikon anderen Stand der Technik für den Angriff auf das Patent zur Verfügung haben und nur der ist für die Erfolgsaussichten des Angriffs entscheidend. Weisst Du denn, ob Apple auch die Vorbenutzung seit 2006 der im Artikel erwähnten Kamera geltend gemacht hatte? Falls Apple dies nicht bekannt war kann sich für den aktuellen Fall eine völlig andere Situation ergeben.

In einem stimme ich Dir aber zu, bei US-Verletzungsfällen ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er mit einem Vergleich enden und Nikon eine Lizenzgebühr in zumindest symbolischer Höhe zahlen wird. In den USA sind die Verfahrenskosten einfach irre hoch und selbst bei Obsiegen nicht erstattungsfähig und der personelle Aufwand für beide Unternehmen bindet unglaublich viel Kapazität, weshalb beide Parteien nach einer gewissen Zeit oftmals für einen Vergleich „weichgekocht“ sind, den man ursprünglich eigentlich nicht abschliessen wollte.

100carat

Thomas Müller ist ja bereits auf Deine Frage eingegangen. Wer sich mit Patenten und anderen Schutzrechten intensiv beschäftigt, weiß, dass die ein Großteil der Arbeit erst nach der Patenterteilung beginnt: nämlich das Verteidigen des Patentes. Wie Thomas richtig ausführt, ist es in erster Linie das erhebliche Kostenrisiko, was viele Betroffene von Nichtigkeitsklagen abhält. Auf der anderen Seite strengen viele internationale Konzerne Patent- oder Schutzrechtsklagen an, weil sie wissen, dass viele kleinere Unternehmen solche Prozesse finanziell nicht durchstehen … selbst wenn sie im Recht sind. Recht haben und Recht bekommen ist viel zu oft eine finanzielle Frage.

In welchem Berich ist das Unternehmen, für das Du tätig bist, unterwegs?

Conny

Ja das ist auch alles vollkommen richtig.

Deshalb ist es für jede international tätige Firma extrem wichtig in der Zeit des Patentantrages falls es berechtigt ist einzuschreiten um da mit zukünftigen Produkten nicht in Probleme rein zu laufen

Nehmen wir mal als Beispiel das Patent von RED, da geht es um die Speicherung von komprimierten RAW’s auf Kameras nicht mehr und nicht weniger!

Eigentlich ein Trivialpatent.
Trotzdem haben sich so Giganten wie Apple daran die Zähne ausgebissen.
Sogar ATMOS zahlt obwohl die keine Kameras herstellen aber Ihr Aufzeichnungsgerät wird halt an die Kamera geschnallt.

Umgehen kann man das leicht in dem man das einfach ein „bisschen“ verlustbehaftet komprimiert abspeichert dann ist es kein RAW mehr.

Die Branche in der wir tätig sind hat mit Licht zu tun.

Thomas Müller

Zur Zeit des Patentantrags, also bevor ein Patent erteilt ist, kann man gar nicht gegen die Anmeldung vorgehen. Es ist maximal möglich dem Patentamt Stand der Technik zu nennen, aber ohne dass man dadurch Verfahrensbeteiligter wird. Genau deshalb macht das auch praktisch niemand mit Sachkenntnis und man nutzt besser die Einspruchsmöglichkeit nach Erteilung. Dann ist man nämlich Verfahrensbeteiligter und es besteht die Möglichkeit auf jedes Argument und jede Anspruchsänderung des Patentinhabers zu erwidern.

Conny

Da hast Du Recht und ich mich falsch ausgedrückt!

Ich meinte natürlich während der Einspruchsfrist!

Keine Ahnung wie Apple dagegen vorging aber sicher nicht amateurhaft und unvorbereitet.
Die machen sowas ja gefühlt dauernd und dann werden viele 100-te Millionen Dollars hin und her geschoben. Z.B. in der Vergangenheit zwischen Apple und Samsung usw.

Und die waren ja nicht die Einzigen.
Der RED RAW War existiert ja in der Branche seit es das Patent gibt!

Alle in der Branche sind dadurch geknebelt.

Was für Nikon richtig Probleme machen könnte wäre doch das Unterlassungsverfahren.

Ist es da nicht so, dass sowas zeitlich deutlich schneller nach aktueller anerkannten Patentlage durchgeht als das Verfahren gegen das Patent selbst?

Bisher ist auf jeden Fall jeder zurückgezuckt.

Thomas Müller

Selbstverständlich wird Apple nicht unvorbereitet in das Verfahren gegangen sein. Auf vergleichsweise einfache Art und Weise in Datenbanken hinterlegte Dokumente als Stand der Technik zu finden ist aber das Eine und eine offenkundige Vorbenutzung in Form eines Produkts, hier sogar nur einer Software, die im vorbenutzten Produkt enthalten war, zu finden, ist das viel schwierigere andere. Ich kann mir deshalb schon vorstellen, dass Apple die in der alten Kamera enthaltene Kompressionssoftware und deren tatsächliche Arbeitsweise nicht entdeckt hatte. Es stellt sich ja auch die Frage, ob das durch die Software benutzte Kompressionsverfahren von RED überhaupt in öffentlich zugänglicher Weise dokumentiert war und Nikon nun einen Weg gefunden hat daran zu kommen? Aber das ist natürlich nur Spekulation und Vermutung. Egal ob die fehlende Patentfähigkeit als Einrede im Verletzungsverfahren gebracht wird oder aber, wie dies in Deutschland der Fall ist, ein Angriff auf die Patentfähigkeit in einem getrennten und bei einem anderen Gericht durchgeführten Nichtigkeitsverfahren vorgenommen werden muss, das Verletzungsverfahren wird fast immer ausgesetzt, bis über die Patentfähigkeit des geltend gemachten Patents entschieden ist. Ausnahmen sind höchstens einstweilige Verfügungsverfahren oder wenn der geltend gemachte Stand der Technik sehr schwach ist und mit einiger Wahrscheinlichkeit das Patent nicht widerrufen wird. Eine Aussetzung… Weiterlesen »

Rolf Carl

Sehr spannend deine Ausführungen zu lesen!

Thomas Müller

Danke Rolf! Mit dieser Patentfachsimpelei halte ich hier im Forum normalerweise zurück, weil ich vermute, dass es für viele uninteressant und einfach zu langweilig ist. Aber hier im Strang werden wohl nur die lesen und schreiben, die sich auch für dieses Thema interessieren. Einige haben zu meiner Überraschung auch viel Kontakt mit und Kenntnis über Patentsachen.

joe

Thomas, du darfst hier gerne fachsimpeln, ich finde das super, lerne gerne dazu!!!

Thomas Müller

Gut, wenn hier tatsächlich mehr als erwartet Interesse daran haben, dann soll´s an mir nicht liegen, dann simpeln wir gerne gemeinsam weiter 😊. Sagt einfach, falls es Euch langweilig oder zu viel werden sollte, ich möchte niemanden mit diesem Thema nerven.

Conny

Zitat:“…Ich kann mir deshalb schon vorstellen, dass Apple die in der alten Kamera enthaltene Kompressionssoftware und deren tatsächliche Arbeitsweise nicht entdeckt hatte…“

Thomas das ist ja der Witz daran, es gibt und gilt nichts zu entdecken.

Das Patent sagt ganz vereinfacht und gekürzt in etwa aus:

1. Ein RAW Video >= 23 B/s
2. Bildgröße >= 2K
3. 3 Informationen pro Bildpunkt
4. Verlustlos komprimiert
5. In einer Kamera gespeichert wird
6. Und wieder das Original RAW daraus erzeugt werden kann.

Wie steht da nicht!

Deshalb hab ich es weiter oben als Trivialpatent bezeichnet.

Trotzdem konnte es bis heute nicht gekippt werden.

Und es ist, wenn man RAW Video in einer Kamera speichern will nicht zu umgehen.

Ich bekomme ab und an auch zur Beurteilung Fremndpatente meinen Bereich betreffend zur Beurteilung auf den Tisch. Und bei vielen würde mir niemals einfallen das selbst als patentwürdig zu erachten.

Es ist sogar so, dass wir dazu angehalten werden alles was irgendwie geht zu patentieren, rein zum Selbstschutz!

Thomas Müller

Conny, Du hast Recht, wenn der Anspruch tatsächlich keine weiteren Einschränkungen enthält, dann hat der Anwalt von RED im Erteilungsverfahren verdammt gute Arbeit geleistet, weil er einen sehr grossen Schutzbereich erzielte und die Angaben eigentlich trivial oder selbstredend sind und nicht nach einer Erfindung klingen. Der Anspruch tönt für mich mehr nach einer Aufgabe, also dem, was man erreichen will, als nach einer ausführbaren Erfindung. Dass man Bilddaten komprimiert und wieder verlustfrei entkomprimiert dürfte wohl schon seit sehr vielen Jahren der Traum aller Softwareentwickler im Videobereich sein. Entscheidend ist doch wohl eher, WIE man dies erzielt und nicht, DASS man es erzielen möchte.

Aber umso weiter der Schutzbereich ist, umso grösser sind auch die Chancen relevanten Stand der Technik zu finden. Falls im Anspruch 1 tatsächlich nicht mehr als die von Dir genannten Merkmale 1. – 6. stehen, dann müsste ja schon ein Artikel aus einer Fachzeitschrift ausreichen, in dem ein solches Entwicklungsziel angesprochen wird. Mich wundert nun immer mehr, dass Apple keinen Treffer gefunden und den Fall verloren hatte.

Ich würde mir das RED-Patent gerne mal selbst ansehen, hast Du eine Veröffentlichungsnummer des Patents für mich?

Conny

Ja natürlich

Es müsste folgendes sein: US9245314B2

Für die verschiedene Codecs (Comprimierung/Decomprimierung) vergeben sie weitere Lizenzen.

Aber das ist meines Wissens hier mit Nikon nicht der Knackpunkt.

Thomas Müller

Danke, habe mir die Ansprüche des US Patents durchgelesen und die unabhängigen Ansprüche 1 und 16 sind tatsächlich so himmelweit wie von Dir beschrieben, unglaublich! Ich habe mir auch die Patentfamilie kurz betrachtet und vor allem in ein EP und dessen Akte hineingeschaut. Da existiert das EP 2 145 330 B1, das vermutlich auf die gleiche Erstanmeldung wie das US Patent zurückgeht. Die EP 2 145 330 B1 hat bereits in der erteilten Fassung enger formulierte Ansprüche. Auf der ersten Seite 1 des EP sind auch deutlich mehr Fachartikel als Stand der Technik zitiert als beim US-Patent, was ich als Bestätigung ansehe, dass in der Nicht-Patent-Fachliteratur einiges an Stand der Technik zu finden sein müsste, auch wenn die Erstanmeldung erstaunlicherweise schon auf das Jahr 2007 zurückgeht. Zudem befindet sich das EP aktuell im Einspruchsverfahren und ist in der ersten Instanz wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit vollständig (!) widerrufen worden. Der Patentinhaber ist in die 2. Instanz gegangen und eine Entscheidung darüber dürfte bald erfolgen, für den 21. Oktober 2022 ist eine mündliche Verhandlung terminiert. Üblicherweise wird die Entscheidung der Beschwerdekammer des EPA am Ende der Verhandlung verkündet. Die Verhandlung ist übrigens öffentlich, da kann sich jeder Dödel 😁 reinsetzen der Interesse… Weiterlesen »

joe

…Interessant ist auch noch, dass der Einsprechende eine Kanzlei aus London ist, die sich selbst vertritt. Das ist ganz offensichtlich ein „Strohmann“ und tatsächlich steckt ein Konkurrent dahinter… Arbeiten nicht Canon und RED auf gewissen Gebieten zusammen? Ein Schelm wer Böses dabei denkt!

Thomas Müller

Wenn ich Conny richtig verstanden habe, dann scheinen ja einige aus der Branche aufgrund dieser Patentfamilie Lizenzgebühren zu zahlen oder von RED erzeugte Schwierigkeiten haben. Canon ist natürlich eine Möglichkeit, aber es könnten wohl mehrere der grossen (oder auch kleineren?) Player sein, eben vor allem auch aus der Videobranche.

Conny

Top recherchiert Thomas!

Ich frag mich, was es bedeutet, wenn das EPA nicht durch geht für Nikon?

Würde ja im ersten Schritt bedeuten die Z9 darf RAW-Video in der EU weiter speichern in USA aber nicht.

Aber die Hoffnung stirbt zu letzt.

Apple wurde ja das US Patent auf die runden Ecken vom IPhone 2015 auch wieder aberkannt 😉

Thomas Müller

Auch Dir Danke! Aber so schwierig war es nicht, wenn man weiss wie es geht und wo man nachschauen muss, gelernt ist eben gelernt 😁.

Deine Frage ist relativ einfach zu beantworten. Es könnte tatsächlich sein, dass das EP-Patent widerrufen oder stark eingeschränkt und das US-Patent vollständig aufrecht erhalten wird. Die Patentämter, -behörden und -gerichte sind in den verschiedenen Ländern eben nicht von denen anderer Länder abhängig oder an Entscheidungen der anderen Länder gebunden. Auch die entscheidenden Rechtsbegriffe Neuheit und erfinderische Tätigkeit und erst recht die Rechtsprechung dazu sind in den Ländern nicht identisch sondern zum Teil unterschiedlich definiert. So kennen manche Länder Neuheitsschonfristen andere Länder hingegen nicht, was dazu führt, dass das Datum, ab wann etwas für eine bestimmte Anmeldung Stand der Technik ist, in den Ländern nicht gleich ist. Es könnte also tatsächlich sein, dass in den USA Nikon die Z9 mit der aktuellen Firmware nicht mehr anbieten darf, in Europa hingegen schon.

Ich finde, das ist wirklich eine spannende und interessante Angelegenheit. Schade, dass ich hier nicht mitmischen kann, hätte Spass daran 😁.

Leonhard

Lieber Thomas, Du hast vielleicht Spaß an komischen Dingen!

Also ich war immer froh, wenn ich mit unseren Freunden im Reich der Mitte nichts zu tun hatte, dicht gefolgt von unseren Freunden in Übersee.

Da soll es Gerichte geben, die sollen halbe Familienunternehmen sein, Richter Spitz hat Richterin Bube geheiratet, jetzt führen die einen Doppelnamen und sprechen Recht, obs einem recht ist oder nicht. Also hat mir mal einer aus Leverkusen so erzählt, ob es stimmt weiß ich nicht, ging aber dabei um Regress und Eigentümer und so einem Quatsch.

Ich achte unheimlich die Kreativität der US-Rechtsprechung, was da Leute für Ideen haben, man fasst es nicht. Privaties in der EU sind mit ihrer Z9 auf der sicheren Seite? Im Prinzip ja, nur entweder wurde das Ding mal in US-Dollar gehandelt oder die o.a. Familie droht an, jeden Betreiber in Regress zu nehmen, der eine Datei einer Z9 auf seinem Server duldet.

Kommen die damit durch? Keine Ahnung, probiert es einer aus?

joe

Ich dachte nur Ökonomie wäre spannend und nicht ganz unkompliziert aber was Du da ablieferst ist allererste Klasse und hoch interessant! Was Bei Ökonomie und Recht ähnlich ist, ist die Abhängigkeit von Dritten. Bei Ökonomie vom Wirtschaftsverständnis der Politiker, bei Recht von der Auslegung durch den Richter und dem Rechtsverständnis im jeweiligen Land. Wirklich spannend, Danke, dass Du uns solche Einblicke gewährst!

Thomas Müller

Danke joe! Ich denke, es ist wie bei so vielen Fachgebieten. Als Laie erscheinen andere Fachgebiete nicht besonders spannend und interessant. Beschäftigt man sich aber näher damit, sieht es plötzlich ganz anders aus und man muss das Vorurteil revidieren. Das geht mir auch immer mal wieder genau so. In meinem Fall finde ich vor allem spannend und interessant, dass es in erster Linie um Technik geht und man hat ständig mit den verschiedensten technologischen Bereichen zu tun. Man muss sich jeweils schnell einarbeiten und dann kommt noch das völlig andere Fachgebiet die Juristerei dazu, in der im Vergleich zum Technikbereich zum Teil völlig unterschiedlich gedacht wird. Vor allem dieser Mix ist das, was für mich meinen Beruf interessant macht.

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