Marktgeschehen

Adobe im Kreuzfeuer: AGB-Änderung alarmiert Kreative

Wer Daten in die Cloud lädt, verliert möglicherweise die Kontrolle über sie. Das zeigt ein aktueller Adobe-Fall nochmal deutlich.

Adobe-Mitarbeiter sollen Inhalte prüfen können

Der US-Softwaregigant Adobe sieht sich derzeit massiver Kritik ausgesetzt. Grund ist eine Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die USA, die dem Unternehmen weitreichenden Zugriff auf Nutzerkonten der Creative Cloud und Document Cloud einräumt. Insbesondere die Möglichkeit manueller Durchsuchungen durch Adobe-Mitarbeitende sorgt für Unmut.

Zuvor hieß es in den US-AGB in Abschnitt 2.2, dass Adobe nur in begrenztem Umfang auf Kundeninhalte zugreift. Die neue Formulierung spezifiziert, dass dies sowohl automatisiert als auch manuell geschehen kann: „We may access, view, or listen to your Content (defined in section 4.1 (Content) below) through both automated and manual methods, but only in limited ways, and only as permitted by law.“ Laut Adobe dient die Änderung dazu, Verbesserungen der Moderationsprozesse im Kampf gegen illegale und missbräuchliche Inhalte deutlicher zu machen.

In den deutschen Nutzungsbedingungen lautet die Passage (noch): „Adobe darf nur in Ausnahmefällen und in begrenztem Maße auf Ihre Inhalte (gemäß Definition in untenstehender Ziffer 4.1 (Inhalte)) zugreifen, oder diese ansehen oder anhören und nur im gesetzlich zulässigen Rahmen.“

Viele Nutzer zeigen sich jedoch alarmiert, wie Heise berichtet. Sie befürchten, dass sich Adobe damit Zugriff auf sensible, unveröffentlichte Projekte sichert, die beispielsweise unter Geheimhaltungsvereinbarungen stehen. Auch wenn das Unternehmen betont, dass die menschliche Moderation bereits Praxis ist und gesetzlichen Vorgaben folgt, bleibt wenig überraschend ein Unbehagen.

Blogbeitrag soll Wogen glätten

In einem am Donnerstag veröffentlichten Blogbeitrag versucht Adobe, die Wogen zu glätten. Man benötige die eingeschränkte Lizenz zum Inhaltszugriff ausschließlich, um die Dienste zu betreiben, zu verbessern und rechtliche Pflichten zu erfüllen. Kundeninhalte würden nicht für das Training der hauseigenen KI verwendet und das Eigentum der Nutzer an ihren Werken nicht angetastet.

Vor Kurzem haben wir unsere Nutzungsbedingungen aktualisiert, um in einigen Bereichen für mehr Klarheit zu sorgen, und eine routinemäßige erneute Annahme dieser Bedingungen für Kunden der Adobe Creative Cloud und Document Cloud veranlasst. Wir haben im Zusammenhang mit dieser Aktualisierung eine Reihe von Fragen erhalten und möchten hier Klarheit schaffen.
Wir setzen uns weiterhin für Transparenz ein, schützen die Rechte von Urhebern und ermöglichen unseren Kunden, ihre beste Arbeit zu leisten.
Adobe in einem Blogbeitrag vom 6. Juni 2024 (maschinell übersetzt)

Kritiker halten dagegen, dass die AGB-Änderung zu weit geht und die Privatsphäre der Kunden verletzt. Auch der Verweis auf die gesetzliche Notwendigkeit der Missbrauchsbekämpfung kann die Bedenken nicht ausräumen. Viele fragen sich, ob es keine datenschutzfreundlicheren Lösungen gäbe.

Ohnehin scheint es sinnvoll, sensible Daten nicht in der Adobe-Cloud, sondern nur lokal zu speichern. Allerdings ist das nicht immer praktikabel, da manche KI-Funktionen wie die Neural Filters eine Internetverbindung erfordern. Nutzer stehen somit vor einem Dilemma: Entweder sie verzichten auf bestimmte Werkzeuge oder nehmen den möglichen Zugriff Dritter in Kauf.

Nicht der erste Reibungspunkt zwischen Fotografen und Adobe

Adobe steht nun vor der Herausforderung, das Vertrauen seiner Kunden zurückzugewinnen. Dazu braucht es mehr als beschwichtigende Worte. Konkrete Schritte zur Verbesserung des Datenschutzes und mehr Transparenz bei den Moderationsprozessen wären ein Anfang.

Schon Anfang 2023 braute sich um das Training von KI-Algorithmen durch die Creative Cloud ein Sturm zusammen. Jetzt macht Adobe nochmal klar, dass Cloud-Inhalte seiner Nutzer nicht für die generativen Firefly-Modelle verwendet werden. Stattdessen greife man auf lizensiertes Material aus Adobe Stock zurück, wobei auch das nicht ohne Kritik passierte. Zuletzt störten sich Fotografen außerdem an einer Formulierung in Werbematerial von Adobe, das insinuierte, dass generative KI menschliche Arbeit ersetzen könne.

Beitragsbild: Farhat Altaf

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Peter

Ich glaube wir können längst festhalten:

  1. Wer seine Daten oder Bilder unverschlüsselt (nicht vom jeweiligen Anbieter verschlüsselt, sondern selber) auf irgendeiner Cloud oder Plattform einstellt, egal welche, hat wahrscheinlich keine Kontrolle über seine Daten.
  2. Wer KI Anwendungen benutzt, die nicht lokal auf seinem Rechner laufen, auch, egal welcher Anbieter.
  3. Mit Copilot und Recal macht sich Windows gerade dran, auch die letzte Bastion, den heimischen Rechner, zu knacken. Ganz legal, wenn man zustimmt…

Einfach mal so zum nachdenken…

joe

Deshalb habe ich etwa insgesamt 20TB Speicher zu Hause und eine neuen 4TB-Speicher bestellt. Ich traue ja nicht mal mir selbst und dann schon gar nicht Leuten die mit dem was sie machen Geld verdienen müssen. Was denkt du denn womit die KI für Fotografie trainiert wurde?

Peter

Was denkt du denn womit die KI für Fotografie trainiert wurde?“
Das musst Du mich nicht fragen. 😉

Aber Gegenfrage: Wusstest Du, dass Du mit den lustigen Captcha Bilder (markiere alle Bilder mit Ampeln usw) aktiv mithilfst KI zu trainieren? 😉

Alfred Proksch

Schwierige Rechtslage weil global gehandelt werden muss.

Nicht umsonst betreiben wir einen enormen Aufwand um unsere beiden Firmen zu schützen.

Zum Thema Cloud ist glaube ich alles wichtige bereits gesagt. Nebenbei glaube ich das nur in sehr seltenen Fällen gleichzeitige Bearbeitung durch mehrere Personen eines Cloud Bildes/Videos unbedingt nötig ist.

Jede Datei die nach außen geht muss bei uns gegengezeichnet sein, jede eingehende Mail landet automatisch auf einem gesonderten Rechner wo sie mehrfach überprüft wird bevor sie an den Adressaten weitergeht. Private Smartphones müssen an der Pforte hinterlegt werden, wer mit dem Dienst SP privat unterwegs ist kann schon mal den Schreibtisch räumen.

Das Adobe (auch andere) verbrannte Kinder sind ist nicht neu, auch nicht das die US Dienste Zutritt haben müssen, das die vorhandenen Daten für zukünftige Geschäftsfelder genutzt werden ist doch sonnenklar. Also regt euch nicht auf, konzentriert euch lieber darauf wie ihr am schnellsten und günstigsten autark werden könnt.

100carat

„Jede Datei die nach außen geht muss bei uns gegengezeichnet sein, jede eingehende Mail landet automatisch auf einem gesonderten Rechner wo sie mehrfach überprüft wird bevor sie an den Adressaten weitergeht. Private Smartphones müssen an der Pforte hinterlegt werden, wer mit dem Dienst SP privat unterwegs ist kann schon mal den Schreibtisch räumen.“

Ein spannender Absatz, Alfred. Bei welcher Art von Unternehmen treibst Du diesen sinnvollen Aufwand?
Wie löst Du das gegenzeichnen der jeweiligen Datei?

Wie verhindert Ihr einen Durchgriff von dem gesonderten Rechner auf die übrigen, die ja alle per LAN verbunden sein dürften? Setzt Ihr zur mehrfachen Überprüfung unterschiedliche Antiviren-Software oder noch andere Software ein? Und läuft dieser Vorgang voll automatisiert ab?

Die Smartphone-Regelung kann ich nur vollstens unterstützen. Mich wundert immer, wieso das in so wenigen Unternehmen ähnlich gehandhabt wird – abgesehen davon das in großen Unternehmen die Smartphone im Spind deponiert werden müssten, da andernfalls wohl jeder Pförtner den Überblick verlieren würde und seiner eigentlichen Arbeit kaum nachgehen könnte.

joe

Wenn die unselige Frau Merkel, nach ihrem Angriff auf ihr privates Telefon nicht gesagt hätte „das macht man unter Freunden nicht“ und dann keine Konsequenzen gezogen hat, sondern noch angefügt hätte, „wir werden sofort eine Milliarden schwere europäische Initiative starten (ist übrigens schon 30 Jahre überfällig) und europäische Software entwickeln, die uns unabhängig von ausländischer Software macht, müsste man gar nicht über so etwas diskutieren. Wir haben die Digitalisierung verschlafen, wir haben die Elektrifizierung verschlafen, wir sind in der Gentechnik unter ferner liefen, auch bei der KI und Batterietechnik wurden wir von China angehängt. Naturwissenschaften sind schulisch unterrepräsentiert, deutsche Atom – und andere Naturwissenschaftler haben Toppositionen in Ausland. Allerdings sind wir führend bei Lastenrädern – aber selbst da kommen die Teile aus China! Politisch sind wir abhängig von den USA und können uns einen Bruch nicht leisten, wirtschaftlich sind wir abhängig von China, ein Bruch mit China hätte noch weitreichendere negative wohlstandsrelevante Folgen als der totale Bruch mit Russland. Also, wegen Technologiefeindlichkeit keine eigene Software, keine eigene Cloud = abhängig vom „Good Will“ anderer. So wie zukünftig im Energiesektor durch fehlende Technikoffenheit.

Peter

Gehe mit Dir joe, aber bei einem Punkt sehe ich es etwas anders: Dass wir keine europäische Software haben, stimmt nicht. Wir haben einfach ein schlechtes Marketing und wir waren zu spät. Und es ist Bequemlichkeit der User. Es gibt tonnenweise gute europäische Software: Schweiz: Threema Messenger, Alternative zu Whatsapp („aber es haben doch alle Whatsap…“) Secure Safe: schweizer Cloud Dienst mit echter End to End Verschlüsselung Proton Mail: sicherer Mailserver mit End to End Verschlüsselung Jitsi: eine von Schweizer Universitäten entwickeltes Video Converence System, Alternative zu Zoom, ist Open Source Europa: Linux Betriebssystem Deepl Online Übersetzungsdienst aus Köln SAP Spotify Die Liste könnte ich jetzt noch lange fortsetzen. Du weisst selber: die Computertechnik bewegt sich rasend schnell und ein zwei Jahrzehnte Rückstand sind in der Computerwelt halbe Erdzeitalter. Zudem haben die grossen US Softwarefirmen prall gefüllte Kriegskassen. Sobald ein Software Startup bekannter wird und erste Erfolge einheimst, werden sie vom Markt weggekauft, so kann gar keine ernsthafte Konkurrenz entstehen. Google, Amazon, Meta, Apple und Microsoft kaufen jedes Jahr Dutzende Startups auf… Und die grossen US Firmen setzen Standards bei Schnittstellen und Kompatibilität, da werden wir für ewig hinterherhinken, weil wir nicht die Leader sind. Diese Weichen wurden schon in… Weiterlesen »

joe

Peter, ohne staatliche Förderung funktioniert europäische Software nicht, da die anderen bereits zu gross sind.

Peter

Ja Joe, das wäre, wenn es seriös vor 20 Jahren angegangen worden wäre, tatsächlich sinnvoll gewesen. Zudem gibt es viele Unterstützungsprogramme für Startups, auch staatlich geförderte. Wenn die erfolgreich werden, werden sie einfach vom Markt weggekauft. Passiert andauernd. Im IT Sektor sind die grossen Kuchenstücke längst verteilt. Schauen wir uns mal die Betriebssysteme an: Computer: Windows und Mac OS dominieren den Markt. Ok, Linux ist weit verbreitet bei Server, aber im Enduser- und Workstationmarkt marginal. Da müsste die EU, wenn sie ein eigenes Betriebssystem pushen wollte, alle wichtigen Softwarehersteller weltweit subventionieren, damit sie ihre Software auch für das EU Betriebsystem portieren. Smartphones: ebenfalls US Duopol: Android und Apple IOS. Dito hier. Schau Dir mal an, wieso z.B. das Handy Betriebssystem von Microsoft Schiffbruch erlitt. Es waren die fehlenden Apps. Thema Bequemlichkeit: Ich benutze Threema und Signal und motiviere seit Jahren alle meine Bekannten und Kunden von Whatsapp wegzugehen. Aktueller Traffic Status: 95% Whatsapp, 4% Threema (hauptsächlich Privat), 1% Signal. Die Leute sind zu bequem um zu wechseln. Thema Office: versuch mal in einer Firma Open Office oder Libre Office einzuführen, um von Microsoft wegzukommen. Viel Spass… Ich erwähnte oben Jitsi aus dem universitären Umfeld: sogar die Unis verwenden aus Bequemlichkeit… Weiterlesen »

Peter

Apropos Microsoft Recal: Liebe Rennleitung, das wäre mal einen Artikel wert.😉

Kathy Wyss

Einmal mehr werden die Bdenken vollkommen falsch dargestellt. Es geht nicht um das Durchsuchen/Einsehen, sondern um 4.2, wo Adobe GLASKLAR sagt, dass man ihnen die Lizenz erteilt, den eigenen „Content“ zu kopieren, bearbeiten, weiterzuverkaufen, etc.
Noch deutlicher KANN Adobe gar nicht werden.
„Wir klauen euch nicht das Urheberrecht“ schön und gut, es geht aber ums Copyright, und das klaut sich Adobe hier dreist!

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