Ein ganzes Jahr steht uns bevor und in der Welt der Smartphone-Kameras passiert sicherlich wieder einiges. In welche Richtung erwartet uns Innovation?
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Meine 3 Thesen über die Smartphone-Kameras dieses Jahr
200 MP ist kein Top-Feature
2022 war das Jahr, in dem ein neuer Meilenstein gesetzt wurde: Die ersten Smartphones mit einer Auflösung von 200 MP wurden vorgestellt und sind als Motorola Edge 30 Ultra oder Xiaomi 12T Pro sogar erhältlich.
Bis dahin stellte 108 MP das Maximum dar. Während es sich bei den Geräten sicherlich um welche aus der Highend-Sparte handelt, die richtigen Kamera-Kracher setzen weiterhin lieber auf 50 MP, die dann aber nicht nur beim Hauptsensor, sondern mindestens auch dem Ultraweitwinkel, manchmal auch der Tele-Kamera zum Einsatz kommen.
Während sich 200 MP für Unwissende auf dem Datenblatt eines Smartphones sicherlich beeindruckend liest – euch muss ich nicht erklären, dass mehr Megapixel unweigerlich nicht mit einer höheren Bildqualität einhergehen.
Mehr Pixel auf der gleichen Sensorfläche heißt schließlich auch, dass die einzelnen Pixel kleiner werden. Um diesen Effekt wieder auszugleichen, werden mehrere Pixel – bei 200 MP in der Regel 16 – mittels Pixel-Binning zu einem zusammengefasst, sodass sich die effektive Auflösung von 12,5 MP wieder deutlich relativiert.
Die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieses Megapixel-Rennens stellt sich dementsprechend. Dabei ist ein Ende noch nicht einmal abzusehen. Selbst 450 MP waren schon im Gespräch. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass sich die Mega-Auflösungen künftig eher in der oberen Mittelklasse denn der echten Oberklasse finden werden.
Sensorfläche wächst
Eng verknüpft mit der Auflösung ist wie bereits erwähnt die Sensorfläche. Die ist inzwischen bei ordentlichen 1 Zoll im Durchmesser angekommen. Smartphones können dahingehend also durchaus mit der ein oder anderen Kompaktkamera konkurrieren.
Die 1 Zoll wurden schon 2021 mit dem Sharp Aquos R6 bzw. kurz darauf dem Leitz Phone geknackt. Auch das Sony Xperia PRO-I warb mit einem 1-Zoll-Sensor, las jedoch nur rund zwei Drittel davon aus.
2022 haben wir weitere Smartphones mit einem 1-Zoll-Sensor gesehen, unter anderem das Xiaomi 13 Pro, das die beste Chance hat, diese Kamera-Technologie global zu verbreiten. Man muss nicht tief in die Glaskugel blicken, um die These aufzustellen: Dieses Jahr werden weitere Smartphones hinzustoßen.
Spannender ist aber wohl, was denn eigentlich danach kommen kann. Sehen wir 2023 schon ein Smartphone mit einem Sensor größer als 1 Zoll? Ist das überhaupt notwendig? Oder möglich?
Ein Smartphone hat ja auch nur so viel Fläche auf der Rückseite zur Verfügung, die für die Sensoren verwendet und auf mehrere Kameras aufgeteilt werden kann. Wird einer Kamera mehr Fläche zugesprochen, leidet zwangsweise eine andere darunter.
Objektive werden kreativer
Zu einer guten Kamera gehört bekanntermaßen nicht nur der Sensor. Auch das Objektiv ist maßgeblich an der Bildqualität beteiligt. Hier sind Smartphones Systemkameras oder sogar Kompaktkameras rein physikalisch aufgrund der Maße weit unterlegen, weshalb sich Hersteller innovative Lösungen überlegen müssen, diesen Nachteil auszugleichen.
Das passiert bislang leider nur schleppend. Vereinzelt gibt es Ansätze verschiedener Hersteller, das Objektiv zum Beispiel herausfahren zu lassen, etwa von Oppo oder jüngst von Tecno.
Sony nutzte eine solche Mechanik außerdem, um erstmals eine variable Brennweite, also echten Zoom, in einem Smartphone unterzubringen. Ich kann mir gut vorstellen, dass mindestens Sony weiter daran herumexperimentiert, sich aber auch andere Hersteller in diese Gewässer wagen.
Besonders bei Samsung sähe ich da großes Potenzial, wobei die Technik vermutlich noch nicht so weit fortgeschritten sein wird, als dass sie es in einem so werberelevanten Gerät wie einem aus der Galaxy-S-Reihe ausprobieren wollen.
Als innovationsfreudiger haben wir da Xiaomi kennengelernt, die sich für keinen Trend zu schade waren. Die junge Kooperation mit Leica hat schließlich schon die merkwürdigsten Blüten getragen. Sogar von Leica-M-Objektiven an einem Smartphone war die Rede. Ob das schon, wenn überhaupt, dieses Jahr Realität wird? Ich traue ihnen alles zu.
Fazit
200 MP sind erreicht – und jetzt? Die Hersteller müssen sich neue Wege ausdenken, ihren Kameras mehr Qualität zu verleihen. Auch wenn technisch mit der Zeit sicherlich kaum Grenzen gesetzt sind, irgendwann wird auch der letzte Kunde verstehen, dass es darum überhaupt nicht gehen kann.
Stattdessen wird die Sensorfläche vermutlich eine immer größere Rolle spielen, im wahrsten Sinne des Wortes. Noch macht kein Hersteller Anstalten, die magischen 1 Zoll zu überschreiten. Möglich, dass 2023 das Jahr ist, in dem sich das ändert. Schließlich freue ich mich auf kreative Lösungen, um den Objektiven mehr Fähigkeiten zu geben. Dafür würde ich sogar ein etwas klobigeres Smartphone in Kauf nehmen.
Last but not least wird sich meiner Ansicht nach nicht nur bei der Hardware, sondern auch bei der Software einiges tun, schaut man sich mal die Durchbrüche im Bereich der Künstlichen Intelligenz an. KI und Smartphone-Fotografie sind schon seit mehreren Jahren eng miteinander verknüpft, doch die Generierung von fast fotorealistischen Ergebnissen auf Knopfdruck wird in Kürze auch Einfluss auf die Bildproduktion mit Smartphone-Kameras nehmen.