Alte Technik, fast schon unhandlich kompakt, aber dafür lassen sich die Objektive wechseln: Yashica und I’m Back verfolgen mit der Micro Mirrorless ein interessantes Konzept.
Update, 25. April 2024:
Fast 1.500 Leute konnten sich bis zum jetzigen Zeitpunkt schon von der wohl kleinsten Systemkamera der Welt überzeugen lassen und haben sie auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter vorbestellt. Insgesamt sind bereits fast 500.000 Euro zusammengekommen – eine mehr als stolze Summe. Das erfolgreichste Projekt des Initiators Samuel Mello Medeiros ist es damit aber nicht, noch hat das Digitalrückteil „I’m Back Film“ die Nase vorn. Ein paar Tage verbleiben, in denen die Micro Mirrorless womöglich aufholt. Dass sie überhaupt umgesetzt wird, scheint sicher. Falls die ungewöhnliche Kamera für euch interessant ist und ihr Photografix Magazin unkompliziert unterstützen wollt, unterstützt das Projekt doch über diesen Link.
Schon älterer 12-MP-Sensor an Bord
Yashica und I’m Back haben mit der Micro Mirrorless laut eigenen Angaben die kleinste Wechselobjektiv-Systemkamera der Welt entwickelt. Das winzige Kameragehäuse misst gerade einmal 77 x 50 Millimeter und ist damit deutlich komprimierter als selbst die kleinsten spiegellosen Vollformatkameras wie die Sigma fp. Mit einem solchen Apparat ist die neue Yashica natürlich allein aufgrund der Sensorgröße nur schwer zu vergleichen.
Das Herzstück der Micro Mirrorless bildet nämlich der 12-MP-Sensor Sony IMX117 im 1/2,3-Zoll-Format, der auch in der 2017 vorgestellten GoPro Hero4 Black zum Einsatz kommt. Der Sensor dürfte bei schlechtem Licht vermutlich nicht sonderlich gut abschneiden, doch er hat einen offensichtlichen Vorteil: Der Cropfaktor von 5,8 verwandelt beispielsweise ein kleines 26mm in ein 150mm-Tele.
Für das eigens entwickelte Objektivbajonett bietet Yashica zunächst drei kompakte und leichte Wechselobjektive mit 20, 50 und 150 Millimeter Kleinbild-Äquivalent an. Über einen optionalen Adapter sollen sich zukünftig auch Objektive für Vollformat- und Mittelformatkameras adaptieren lassen, was jedoch nicht gerade komfortabel aussieht. Ebenfalls angekündigt ist ein externer elektronischer Sucher.
Schwenkbarer Bildschirm und HDMI-Ausgang inklusive
Trotz der kompakten Abmessungen wartet die Micro Mirrorless mit einer Reihe bemerkenswerter Eigenschaften auf. Sie speichert Fotos im RAW- und JPEG-Format, besitzt ein klapp- und schwenkbares 2-Zoll-Touchdisplay sowie gar einen HDMI-Ausgang. Der interne Akku lässt sich per USB-C aufladen. Videos nimmt die Kamera in 4K-Auflösung mit bis zu 24 Bildern pro Sekunde auf, in Full-HD sind bis zu 60 fps möglich. Dateien werden auf einer (nicht mitgelieferten) microSD-Karte gespeichert.
Laut Yashica und I’m Back richtet sich die Kamera an verschiedene Zielgruppen: Content Creator und Vlogger profitieren vom Mikrofoneingang für besseren Ton sowie der Möglichkeit, die Kamera als Webcam zu nutzen. Vielreisende schätzen angeblich die kompakten Abmessungen und das geringe Gewicht. Und Smartphone-Fotografen sollen mit der Micro Mirrorless eine leistungsfähige Alternative mit Wechselobjektiven und manuellen Einstellmöglichkeiten erhalten.
Dank WiFi-Schnittstelle sollen Fotos ohne Umwege direkt auf das Smartphone übertragen und in sozialen Netzwerken geteilt werden können. Für makrofotografische Experimente will Yashica die Micro Mirrorless per Firmware-Update fit machen.
Finanzierungsziel um Vielfaches geknackt
Die Micro Mirrorless wird voraussichtlich ab November an die ersten Unterstützer der Kickstarter-Kampagne verschickt, die sich ein ein Exemplar inklusive 50mm und ein bisschen Zubehör ab 219 Euro sichern können. Das Komplettpaket mit allen drei Objektiven kostet 290 Euro.
Mit einem bisher erreichten Finanzierungsvolumen von rund 150.000 Euro hat das Projekt die ursprüngliche Zielsumme von rund 10.000 Euro innerhalb kürzester Zeit bereits weit übertroffen. Dass die Kamera tatsächlich Realität wird, ist also eigentlich gesichert (wobei ich ehrlich gesagt glaube, dass das Geld dafür nicht einmal unbedingt nötig gewesen wäre – die Produktion einer Kamera macht man wohl kaum von 10.000 Euro abhängig). Hier sind ein paar Beispiel-JPGs, die mit einem Prototyp entstanden sind:
Allerdings hat Yashica in der Vergangenheit nicht immer wie versprochen abgeliefert, weshalb wir etwas skeptisch bleiben sollten. Mehr Vertrauen habe ich da tatsächlich in den Projektpartner I’m Back, die zuletzt mit einem spannenden Digitalrückteil für alte Analogkameras für Aufsehen gesorgt haben.
Ich finde die Idee, eine so kleine Kamera dennoch mit verschiedenen Objektiven kombinieren zu können, gar nicht so schlecht. Auch beweisen die Produktdesigner Liebe zum Detail, etwa durch den externen Audio-Eingang, den HDMI-Port und die App-Integration. Und auch wenn die Kamera einen etwas überalterten Sensor mitbringt, der von heutigen Smartphones weit übertroffen wird – Yashica und I’m Back treffen damit genau den „Vintage-Vibe“, den TikTok und die Generation Z so lieben. Bleibt nur abzuwarten, ob die winzige Kamera einigermaßen angenehm zu handhaben ist.
via: PetaPixel